K1100RS Erfahrungsbericht Kroni
Meine 11er RS habe ich im Mai 2006 gekauft, für 3.300 €. Das Moped Bj. 93 hatte damals ca. 55.000 km auf dem Buckel, heute - November 06 - sind es 71.000. In knapp 5 Monaten habe ich 16.000 km Er-fahr-ungen mit dem Motorrad gemacht, und die sehen so aus:
Meine heutige K 1100 RS wurde in der Nähe meines Wohnortes angeboten. Ich habe sie - eigentlich auf der Suche nach einer K 100 RS - nur aufgrund Anraten einer Bekannten mal probegefahren, und habe mich sofort in sie verliebt. Dabei sind mir die ersten 5 km regelrecht schwer gefallen. Die sechs Zentner machen sich beim Rangieren und im engsten Geläuf sehr unangenehm bemerkbar, und es braucht seine Zeit, bis man unbefangen mit diesem Eisenbrocken umzugehen gelernt hat. Ferner ist die deutlich vorderradorientierte Sitzposition mit dem Stummellenker ziemlich ungewohnt, wenn man zuvor auf einer K 75 RT so schön bequem aufrecht gesessen hat. Um es gleich vorweg zu sagen: in engsten Stadt- und Dorfverkehrs-Kurven und -kehren ist die K 1100 RS fast so unhandlich geblieben, wie sie mir am Anfang vorkam. Bevor die Eigenstabilisierungskräfte des Motorrades einsetzen, bleibt das Moped kippelig und braucht eine kundige Hand, um elegant durch Spitzkehren und tornantes gezirkelt zu werden. Und diese kundige Hand fehlt mir bis heute noch ein wenig. Ein wieselflinker Cityflitzer ist die K 1100 RS also nicht, für den Alltagsbetrieb im Stadtverkehr jedoch noch ausreichend handlich und aufgrund ihres druckvollen Motors auch leichtfüssig durch den Verkehr zu dirigieren.
Verlässt man aber dieses engste Winkelwerk, dann sind das Fahrwerk und der Motor schlicht faszinierend.
Das Fahrwerk soll sich kaum von dem der K 100 RS 4V unterscheiden, die Modifikationen sind objektiv geringfügig - aber sie haben enorme Auswirkungen. Mein subjektiver Eindruck ist auch heute noch, daß sich das Moped ganz von alleine fährt. Es genügt, sich die Linie zurecht zu legen, das Motorrad fährt dann von ganz alleine dorthin wo man will, und auf dem Weg, den man sich ausgesucht hat. Ich vermute, daß dieses Fahrwerk genau so ausgelegt ist, daß es die unwillkürlich gewordenen Lenkimpulse des etwas erfahreneren Fahrers mit ungeheurer Effizienz umsetzt. Es ist sehr selten, daß man bewußt oder gar mit mehr als geringfügigem Krafteinsatz eingreifen muß - im Alltagsbetrieb zumindest. Auch mit Fahrbahnunebenheiten kommt das Fahrwerk - korrekter Reifendruck und ordentlich eingestelltes Federbein vorausgesetzt - sehr gut zurecht. Ernsthafte Schwächen sind mir noch nicht aufgefallen. Wenn man am Moped zerren, oder Tendenzen des Hecks zur Kurvenaussenseite hin wahrnehmen muß, dann bewegt man sich schon im Grenzbereich - und es dauert sehr lange, bis man dort hinkommt. Hält man davon Abstand, dann erweist sich der 6-Zentner-Tourer als erstaunlich handlich, der auch in Wechselkurven kaum Kraftaufwand erfordert, und stets präzise seiner Spur folgt. Dabei nimmt das Moped mitunter sehr schnell beträchtliche Schräglagen ein - in halbwegs ernst zu nehmenden Kurven gehören die Ballen auf die Fußrasten, sonst schleift der Stiefel über den Asphalt. Bis zur Vmax, die bei mir nach Tacho bei Tempo 245 liegt, bleibt die Fuhre unerschütterlich an den Asphalt geklebt - kein Pendeln, kein Schlingern. Allerdings ist der Windschutz ziemlich mässig - spätestens ab 150, 160 kmh muß man sich über den Tank strecken, um einem dröhnenden Orkan auszuweichen. Das geht aber ganz gut und ist noch halbwegs bequem auch über länger BAB-Distanzen auszuhalten. Übrigens - die Vmax wird nur mit einigem Anlauf erreicht, etwa bei 220kmh im 5. Gang hat der mehr auf Drehmoment, denn auf Spitzenleistung ausgelegte Motor keine rechte Lust mehr. Aber für mich persönlich ist das allemal genug. 180 - 200 kmh sind als BAB - Reisegeschwindigkeit verhältnismässig bequem und fahrerisch stressfrei möglich. Auch der Wetterschutz ist ausreichend. Ab etwa 80-90 kmh wird der Regen im wesentlichen über den Fahrer hinweg geleitet, darunter ist der Luftstrom auf dem Visier ein angenehmer "Scheibenwischer". Im Sommer nervt es mich indessen, daß Fliegen, Käfer etc. zuverlässig genau im Fernsichtbereich des Visiers landen.
Der Motor ist ansonsten eine schiere Wucht. Schon nach dem Starten hört man, das Hubraum eben durch nichts zu ersetzen ist. 1100 cm leisten die bei mir versicherungsgünstigen 97 PS (offen: 100 PS) mit souveräner Nonchalence, und stemmen dabei maximal 107 Nm bei 5.500 upm. Ab ca. 3000 upm ist man mit über 90 Nm unterwegs, ab 4.500 mit über 100 Nm, die einem auch bis etwa 7.000 upm erhalten bleiben, bevor das Drehmoment langsam wieder abfällt. Das bewirkt ein unglaublich breites Drehzahlspektrum, in dem an jedem Punkt eine jederzeit ausreichende Leistung ("richtig Druck") zur Verfügung steht. Der Leistungseinsatz ist dabei sehr sanft und kultiviert, die beim Kardanantrieb unvermeidlichen Lastwechselreaktionen halten sich in engen Grenzen - schließlich gibts da einen Paralever. Der zweite Gang lässt seidenweich sich bis ca. 130 kmh ziehen - und dabei wirkt der Gasgriff wie ein Geschwindigkeitsregler eines Computerspiels - Tacho- und Drehzahlnadel bewegen sich fast synchron: herrlich für flotte Ritte steil bergauf. Der dritte Gang, der bis irgendwo hinter 160 kmh reicht, ist mein "Sportgang" für Überholvorgänge, engere Kurven etc., der vierte der normale Landstrassengang, der Fünfte der "Spargang". Motorgeräusche gibt es ab ca. 3000 upm nicht mehr - dann hört man nur noch den Wind. Nur bei harten Beschleunigungen im 2. oder 3. gibt es im oberen Drehzahlbereich ein heiseres Fauchen.
Gemeinsam mit dem tollen Fahrwerk ergibt sich ein äusserst flottes Gerät, mit dem man die wirklich gefahrene Geschwindigkeit kaum noch wahrnimmt - was auch nicht ganz ungefährlich ist. Auf der anderen Seite bewegt man sich auf diesem fahrfertig effektiv 300 kg schweren Moped mit einer fast schwerelosen Leichtigkeit über den Asphalt, die ihresgleichen sucht. Hindernisse gibt es kaum, und überholt zu werden ist auf der K 1100 RS ein sehr seltenes Erlebnis. Da müssen schon Könner kommen (oder Lebensmüde Blindflieger). Um diese Leistungsfähigkeit des Motorrades voll auszuschöpfen, muß man allerdings voll integriert "im" Motorrad sitzen, die Füsse mit den Ballen auf den Rasten, den Unterleib an den Tank gelehnt, den Oberkörper nach vorne gebeugt und die Unterarme waagrecht zu den Lenkerenden hin, auf die die Hände nur leicht aufgelegt werden dürfen - denn die Lenkerenden vibrieren heftig, vor allem um das Drehmomentmaximum herum. Auch Tank und Fußrasten bleiben nicht verschont. Es bedurfte einiger tausend Kilometer, bis ich für mich die richtige Position gefunden hatte, um mit dieser Eigenart des Motorrades zurecht zu kommen. Dann indessen hält man es erstaunlich lange aus auf dem Gerät, und kann etliche hundert Kilometer flotten Landstrassenritt abspulen, ohne merklich angestrengt zu werden. Und etwas flotter wird eigentlich jeder Ritt auf der 11er RS - zum Blümchenpflücken ist dieses Motorrad einfach nicht gebaut. Flott muß nicht rasend heissen, aber trotzdem: mit 70 über die Landstrasse bummeln, das mag der Motor nicht, quittiert das sogar mit deutlichem Spritmehrverbrauch von ca. 0,5 l, und die integrierte Sitzhaltung wird dabei schnell unbehaglich. Bauartgerecht bewegt indessen, beschränkt sich der Motor auf etwa 5 l. Auch bei sehr forcierter Fahrweise geht er gerade mal wieder auf die 5,5 l herauf, die er bei der ungeliebten Schleichfahrt schlürft. Nur bei schneller Autobahnhatz überschreitet er die 6 l - dann aber erheblich, bis über 8 l. Benzin ist nicht das einzige, was regelmässig nachgefüllt werden muß - der Motor ist öldurstig, und verbrennt ca. 0,5 l auf 1000 km - die Ölflasche gehört also bei jeder längeren Tour dazu. Ausserdem erzeugt der Motor bauartbedingt (es ist schließlich "nur" ein aufgebohrter K 100 - Motor) eine starke Abwärme, die den Lüfter hinterm Kühler im Hochsommer regelmässig anspringen lässt. Die Abluft vom Kühler wird teilweise in die Verkleidung geleitet, Richtung Hände und Oberkörper, was bei hochsommerlichen Temperaturen unangenehm sein kann - ansonsten ist es eine angenehme Zusatzheizung.
Kupplung und Getriebe sind BMW-typisch ein wenig zuwendungsbedürftig - das Getriebe ist indessen deutlich sicherer zu schalten, als das der vom Konzept her älteren K 100 und K 75. Der Schleifpunkt der Kupplung ist gut zu ermitteln - die Handgriffe von Kupplung und Bremse sind jeweils in 5 Stufen einstellbar. Die 4-Kolben-Brembo's sorgen für eine Standesgemässe Verzögerung, die auch durch eine recht starke Motorbremswirkung unterstützt werden kann. Es reichen normalerweise 2 Finger, um gut dosiert bis in den ABS-Regelbereich zu bremsen - erst ab ca. 150 kmh werden höhere Handkräfte erforderlich, und man wünscht sich vielleicht mehr Biß. Während eines Ausfalls des ABS-Steuergeräts habe ich 2x überbremst, einmal sogar auf klitschnasser Fahrbahn; beide Male schlingerte das Moped heftig, fing sich aber sofort wieder ein. So schnell bringt man eine K 1100 RS nicht aus der Ruhe - und das ist für den Fahrer sehr beruhigend. Ich habe übrigens noch das ABS I, daß die Fuhre im Regelbereich ziemlich bocken lässt - aber besser bocken, als gar kein ABS; so tröste ich mich jedenfalls.
Bei mir sind die 2 Original-BMW-Koffer angebracht, in denen je ein Integralhelm Platz hat, und die auch ansonsten genügend Volumen für einen Wochenend-Ausflug bieten. Man merkt sie kaum. Vom Vorbesitzer habe ich auch ein großes 45l-TC übernommen, daß eigentlich nur angebracht wird, wenn die beste Ehefrau von allen mitfährt. Das sieht zwar unelegant aus, aber kommt ihren Vorstellungen vom Gepäck, das frau für ein Wochenende unbedingt braucht, doch sehr entgegen. Übrigens mag auch die beste Ehefrau von allen das Moped gerne wegen des sehr bequemen und geräumigen Soziussitzes. Fahrwerk und Reifendruck an den Betrieb zu zweit angepasst, ist man auch zu zweit schnell und sicher unterwegs. Und der Motor ist eh stark genug für zwei. Eine ideale Maschine für Ausflüge zu zweit also.
Das einzige, was mich an dem Moped derzeit noch ernstlich stört, was aber auch kaum zu beheben ist: das effektiv nutzbare Tankvolumen liegt nur bei ca. 17 l. Das liegt an einer relativ hoch im Tank eingebauten Spritpumpe, die von den 20 l Tankvolumen ca. 3 l als ständig vorhandenen "Sumpf" benötigt. Das begrenzt die Reichweite auf ca. 300 km - einmal habe ich die 11er mit ca. 340 km sogar leergefahren. Ab 250 km wird bei mir der Tankstellensuchreflex ausgelöst. Das ist effektiv zu wenig für ein solches Langstreckengerät. Zudem wird bei halbvollem Tank der Sprit so stark hin und her geschüttelt, daß bei steilen Anstiegen und/oder starken Beschleunigungen die Spritpumpe auch mal Luft saugt. Das wirkt wie ein kurzes Ruckeln während der Beschleunigung, und kann beim erstmaligen Auftreten leise Angstzustände auslösen, ist aber effektiv nicht schlimm. Wenn man sehr flott unterwegs ist, empfiehlt es sich, alle 150 km zu tanken. Übrigens kann man die Tankuhr völlig vergessen - ihre Anzeige hat nur sehr bedingt etwas mit dem Tankinhalt zu tun: nach der Tankuhr wird auf den ersten 100 km nichts verbraucht, und auf den nächsten 100 km so um die 10-15l. Zuverlässiger ist der Blick auf den Tageskilometerzähler und die Reservewarnleuchte. Geht sie an, dann sind allenfalls noch 60-80 km Fahrtstrecke möglich.
Meine 11er RS läuft schon das 2. Mal auf den derzeit hochgelobten Metzeler Z6 durch die Gegend, und ich kann die guten Testberichte nur bestätigen. Im trockenen ist der Grip eine Wucht, im Nassen auch noch sehr zuverlässig. Die Laufleistungen liegen bei mir so um die 8000 km herum. Anzumerken ist, daß der Z6 unmittelbar nach der Einfahrphase etwas kippelig wirkt, ohne es zu wirklich zu sein, und anfällig ist für Bitumenlängsstreifen. Das verliert sich jedoch nach ca. 2000 km merklich. Unangenehm am Z6 ist für mich nur, daß er in der Gegend der Verschleißgrenze enorm schnell abbaut. Die beliebte optimistische Einschätzung: "Die eine Tour geht noch!" kann man mit dem Z6 vergessen, wenn man nicht unversehens Metalldrähte durch die Karkasse schimmern sehen will.
Ob ich das Moped wieder kaufen würde ? - Jederzeit. Nur würde ich heute wahrscheinlich etwas mehr Zeit darauf verwenden, eine Maschine der letzten beiden Baujahre (95 und 96) zu erwischen, die standfestere Zylinderkopfdichtungen haben und vor allem: das feinfühligere ABSII. Alles in allem hat das Motorrad meine Erwartungen sogar übererfüllt. Es ist im Landstrassenbetrieb leicht, schnell und sehr sicher zu fahren, und - wenn man seine Sitzhaltung gefunden hat - auch sehr bequem und alltagstauglich. Auf Schotterstrassen taugt die RS nichts, das haben schon ein paar hundert Meter zum Baggersee gezeigt - die K 1100 RS will Asphalt unter den Pneu's haben - es ist eine reine Strassenmaschine, auf der sie dann allerdings völlig souverän ist. Es verblüfft mich heute noch dann und wann, wie leicht es sein kann, schnell unterwegs zu sein.
Als Anfängertauglich würde ich das Motorrad nicht bezeichnen wollen. Die 300 kg erfordern beim rangieren und bei Schrittgeschwindigkeit schon eine gewisse Erfahrung; entscheidender ist jedoch, daß die Vorzüge der Maschine nur dann zum tragen kommen, wenn man die Grundbegriffe des Motorradfahrens beherrscht, und gerne auch etwas flotter unterwegs ist. Schließlich kann auch der Kompfort der Maschine dazu führen, daß man als Anfänger wesentlich schneller wird, als man sollte - und auch schneller, als die Polizei erlaubt.