ABS, integral (So wirkt das Integral ABS mit Bremskraftverstärker): Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Integral-[[Antiblockiersystem#Motorr.C3.A4der|ABS]] (I-ABS)''' ist eine [[Motorrad]]-Bremsanlage vom Motorrad-Hersteller ''[[BMW]] Motorrad'', die nach dem Prinzip einer [[Verbundbremse]] arbeitet. Der Grundgedanke der Assistenzfunktion Verbundbremse ist, dass eine optimale Bremswirkung nur dann erzielt wird, wenn Vorder- und Hinterrad gleichzeitig verzögert werden. Der Motorradhersteller ''HONDA'' verbaut ebenfalls Verbundbremsen, das System nennt sich da [[Honda_CBS#Dual-CBS|Dual-CBS]]. Verbundbremsen gibt es beim Hersteller ''[[BMW]] Motorrad'' in zwei Ausführungen: Beim Vollintegral-Motorrad-Bremssystem wirken sowohl der Handbremshebel, als auch der Fußbremshebel gleichzeitig auf Vorder- und Hinterradbremse. Beim Teilintegral-System wirken der Handbremshebel auf Vorder- und Hinterradbremse und der Fußbremshebel nur auf die Hinterradbremse. Das Integral-ABS ist darüber hinaus mit weiteren [[Fahrerassistenz]]- und aktiven [[Sicherheitssystem|Sicherheitssystemen]] ausgestattet. Es verfügt über eine [[Antiblockiersystem#Motorr.C3.A4der|ABS]]-Funktionalität, eine [[adaptiv]]e Bremskraftverteilung auf beide Räder, unter Berücksichtigung des Beladungszustands, sowie die Funktionalität, ein Abheben des Hinterrades bei einer Vollbremsung zu erkennen und dem entgegenzuwirken. Nur des erste Integral-ABS wurde zusätzlich mit einer [[Bremskraftverstärkung]] (BKV) für die Funktionalität [[Bremsassistent]] ausgestattet.
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[[Kategorie:Technik]]
  
== Das erste Integral-ABS (FTE automotive) ==
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So wirkt das Integral ABS mit Bremskraftverstärker:
=== Zielsetzung ===
 
Das erste Integral-ABS (Herbst 2000 bis Mitte August 2006), gemeinsam entwickelt von ''[[BMW]] Motorrad'' mit dem Zulieferer FTE automotive, wies ein für Motorrad-Bremsen bis dahin nicht gekanntes Maß an elektronisch vernetzten Funktionen auf. Insgesamt vier Fahrerassistenz- und aktive Sicherheitssysteme sollten das Bremsen komfortabler und sicherer machen: Ein [[Antiblockiersystem#Motorr.C3.A4der|Antiblockiersystem]] (ABS), eine [[Bremskraftverstärkung]] (BKV) für die Funktionalität [[Bremsassistent]], eine Bremsen-Verbundfunktion (Integral) und ein [[Integral-ABS#Hinterrad-Abhebeschutz|Hinterrad-Abhebeschutz]] sollten auch dem unerfahrenen Fahrer eine Bremsanlage bieten, die es ihm ermöglichte, die volle Leistungsfähigkeit seiner Bremse bei Geradeausfahrten<ref name="gleich">Clemens Gleich: ''Besser Bremsen II – Keine ABSolution.'' In: ''MO.'' 09/06.</ref> auszunutzen.<ref name="diess">Frank Mertens: [http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=784&item=349057 ''BMW-Motorradchef Diess garantiert für die Sicherheit des Bremssystems'']: In: ''NETZEITUNG''. 19.07.05.</ref> Der herstellerseitig behauptete Nutzen des technischen Aufwandes beim Integral-ABS im Vergleich zu Motorrad-Bremsen, die nur mit dem aktiven Sicherheitssystem ABS ausgestattet sind, ist weder durch eine vergleichende Unfallstatistik, noch wissenschaftliche Untersuchungen belegt.<ref name="furdenfall">Thomas Delekat: [http://www.welt.de/data/2005/07/16/746119.html?prx=1 ''Für den Fall der Fälle'']. In: ''DIE WELT''. 16.07.05.</ref>
 
  
=== Technik ===
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Grundsätzlich besteht in der Wirkungsweise des Integral ABS zum ABS II kein wesentlicher Unterschied: Bremst der Fahrer voll – ob mit Vorder- oder Hinterradbremse, am besten aber mit beiden – wird jedes Rad optimal entsprechend seiner Bodenhaftung verzögert. Für die Regelung selbst verändert das System den Bremsdruck.  
In seinem technischen Aufbau ist das Integral-ABS hoch integriert. Die Steuerelektronik und Elektrohydraulik sind in einem einzigen Gehäuse, dem so genannten Druckmodulator, untergebracht. Wesentliche Bauteile des Integral-ABS sind je ein Regelventil für das Vorder- und Hinterradbremssystem. Dieses Regelventil trennt den gesamten Bremskreis in einen Steuerkreis zwischen Hauptbremszylinder und Regelventil, sowie einen Radkreis zwischen Regelventil und Bremssattel. Bei Betätigung des Hauptbremszylinders am Hand- oder Fußbremshebel wird der Steuerkolben unter Druck gesetzt, den er über eine Steuerstange an eine Kugel im Radkreis weitergibt.
 
  
Gleichzeitig startet die elektrische Hydraulikpumpe des Bremskraftverstärkers. Der sich im Radkreis aufbauende Druck wirkt auf die Bremsbeläge. Da die Hydraulikpumpe auch das benötigte Bremsvolumen in der Bremsanlage zur Verfügung stellt, reduziert sich neben der Betätigungskraft des Bremshebels auch dessen Betätigungsweg gegenüber einer konventionellen Bremsanlage. Dosierzylinder, welche die Volumenaufnahme des Steuerkreises und damit die Hebelcharakteristik an das Fahrzeuggewicht anpassen, ermöglichen die Dosierbarkeit der Bremse.
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Durch leichtere mechanische Bauteile und entsprechend weniger benötigter Aktivierungsenergie sowie geringerer Stromaufnahme kann das Integral-ABS bei Blockiergefahr den Bremsdruck noch schneller abbauen. Zum Vergleich: Das ABS II erreicht den Druckabbau in 90 Millisekunden. Das neue ABS verbessert diesen bereits sehr guten Wert auf jetzt 80 Millisekunden. Noch schneller sogar – in bis zu 50 Millisekunden – regelt das System dann, wenn etwa bei Reibwertsprüngen des Fahrbahnbelags die Stabilität des Motorrads gefährdet sein könnte.  
  
Eine Spule sorgt elektromagnetisch für die Modulation des Bremsdrucks. Die Spule wirkt wie ein Elektromagnet auf den Steuerkolben, der dadurch gegen den vom Fahrer aufgebrachten Steuerdruck aus dem Hauptbremszylinder zurückgehalten wird – der Bremsdruck wird reduziert. Aus Sicherheitsgründen sind die Regelventile so konstruiert, dass der Fahrer auch bei nicht aktiviertem System über eine Restbremsfunktion verfügt.<ref name="zeyen"/>
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Die Regelung erfolgt, abhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, mit Frequenzen zwischen 0,6 Hz (homogener trockener Asphalt) und 5 Hz (unebene Fahrbahn, wie etwa Kopfsteinpflaster).
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Für den Normalfall ist diese hohe Frequenz, die mit Komfortnachteilen verbunden ist, jedoch weder notwendig noch sinnvoll und wird daher nur dann vom System gewählt, wenn dies erforderlich ist.
  
==== ABS ====
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Das BMW Integral ABS verfügt für jedes Rad über einen Bremskraftverstärker. Er sorgt dafür, dass mit geringeren Betätigungskräften an Hand- oder Fußbremshebel schneller maximaler Bremsdruck aufgebaut wird als bei einer konventionellen Bremsanlage, damit der Bremsweg verkürzt und so eventuell eine Kollision vermieden werden kann. Bereits ein um 0,1 Sekunden schnellerer Druckaufbau verkürzt den Bremsweg aus 100 km/h um knapp drei Meter.
Beim [[Antiblockiersystem#Motorr.C3.A4der|Motorrad-ABS]] geht es ausschließlich darum, Geradeaus-Vollbremsungen, unter Sicherstellung der [[Seitenführungskraft]], kontrolliert bis zum Stillstand durchzuführen. Das Integral-ABS ist, wie jedes andere Motorrad-ABS, nicht kurventauglich.<ref name="gleich"/> Im Vergleich zu anderen ABS-Systemen weist das Integral-ABS grobe Regelintervalle auf, was mit deutlichen Vertikalbewegungen, gelegentlich als ''„Bocksprünge“'' bezeichnet, einhergeht, die den Fahrer beim Ausbalancieren des Motorrads beeinträchtigen können.<ref name="waldemar"/>
 
  
==== Hinterrad-Abhebeschutz ====
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'''Überwachung von Rück- und Bremslicht'''
Der Hinterrad-Abhebeschutz senkt immer dann kurzzeitig den Druck im Vorderrad-Bremskreis, wenn die Auswertung der Sensorsignale signalisiert, dass das Hinterrad den Bodenkontakt verloren hat. Dies wird durch ein indirektes Verfahren anhand der Raddrehzahlen und durch Plausibilitätsvergleiche berechnet. Bei spezifischen Fahrbahnunebenheiten kann es kurzzeitig ebenfalls zu einem Lösen der Vorderrad-Bremsen kommen. Dieser Effekt tritt typischerweise beim Abbremsen zwischen Geschwindigkeiten um 60 und 70 km/h auf welliger Straße auf und wird durch die Regelungstechnik verursacht. Zudem wurden bei einer [[BMW R 1200 GS]] bei einer Messreihe aufgrund starker Verzögerungseinbrüche Bremswegdifferenzen von 12 Metern gemessen.<ref name="waldemar"/> Bei diesem sporadischen Phänomen öffnet das Integral-ABS die Bremse besonders lange, die Maschine legt mehrere Meter ohne jede Verzögerung zurück.<ref name="waldemar"/>
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Zusätzlich weist das BMW Integral ABS weitere neue Sicherheitsfunktionen auf. So werden das Rück- und das Bremslicht ständig überwacht und ein Defekt durch eine Kontrollleuchte angezeigt. Beim Defekt des Rücklichts wird dessen Funktion durch das abgedimmte Bremslicht übernommen. Über eine Cockpitleuchte wird der Fahrer darüber hinaus gewarnt, wenn die Bremsflüssigkeit in einem der beiden Bremskreise unter ein kritisches Maß absinkt.
  
{{Zitat|Passiert das vor einer Kurve, kann es ganz schön kritisch werden.|Waldemar Schwarz, Redakteur MOTORRAD}}
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Integral ABS über 20 Prozent leichter als ABS II.
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Obwohl das Integral ABS weit mehr kann, ist es mit 4,36 kg um über 20 Prozent leichter als das ABS II mit 5,96 kg (Druckmodulator 5,24 kg, Sensorringe und Sensoren 720 g). So wiegt der Druckmodulator 4,1 kg, Sensorringe und Sensoren bringen nur noch 260 g auf die Waage.
  
Dieser Mangel des Hinterrad-Abhebeschutzes konnte auf der Testtrecke von FTE automotive, und zwar speziell auf der Sägezahnstrecke, einwandfrei reproduziert werden. Auch bei der letzten Evolution des Systems an der BMW R 1200 GS Adventure und an der BMW K 1200 GT wurde grobe und irritierender Regelung sowie unangenehm langes Aussetzen der Bremse moniert,<ref name="alpen1">Norbert Kappes u.a.: ''Alpen-Masters 2006. 1. Teil''. In: ''MOTORRAD.'' 17/06. 20-39.</ref><ref name="alpen2">Norbert Kappes u.a.: ''MOTORRAD sucht den Alpenkönig, Teil 2''. In: ''MOTORRAD.'' 18/06. 20-41.</ref> das insbesondere bei welliger Fahrbahn bzw. Bergabfahrten und hartem Herunterschalten auftritt. Bereits Ende November 2004 wurde diese Kritik auf Akzeptanzschwierigkeiten der Benutzer des Systemverhaltens zurückgeführt:<ref name="diess"/><ref name="stoff">[http://www.mo-web.de/mo_zeitschriften/sonderhefte_bmw.html ''Interview mit BMW Motorrad Pressesprecher Jürgen Stoffregen'']. In: ''BMW Motorräder Nr. 13''. MO Sonderheft. 23.03.05.</ref>
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'''So funktioniert das neue ABS mit Bremskraftverstärker:'''
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In seinem technischen Aufbau ist das neue Integral ABS von BMW eine weitgehende Neukonstruktion mit einer weltweit einmaligen Systemintegration. So sind die gesamte Steuerelektronik und Elektrohydraulik in einem einzigen Gehäuse, dem sogenannten Druckmodulator, untergebracht. Bis auf Sensorringe und Sensoren an den Rädern umfasst das Integral ABS ansonsten die gleichen Elemente wie eine konventionelle Bremsanlage ohne ABS.  
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Kernelemente des neuen Integral ABS sind die beiden Regelventile, je eines für Vorder- und Hinterradbremssystem. Dieses Regelventil trennt den gesamten Bremskreis in einen Steuerkreis zwischen Hauptbremszylinder und Regelventil sowie einen Radkreis zwischen Regelventil und Bremssattel und funktioniert so:
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Bei Betätigung des Hauptbremszylinders am Hand- oder Fußbremshebel wird der Steuerkolben mit hydraulischem Druck beaufschlagt, den er über eine Steuerstange an eine Kugel im Radkreis weitergibt. Gleichzeitig startet die von einem Elektromotor angetriebene Hydraulikpumpe des Bremskraftverstärkers. Der sich dadurch im Radkreis bildende Staudruck wirkt über die Sitzfläche der Kugel auf die Steuerstange zurück; es herrscht ein Kräftegleichgewicht.
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Das Flächenverhältnis zwischen der Steuerstangen- und der Kugelsitzfläche bestimmt dabei den Verstärkungsfaktor der Bremsfunktion.  
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Da die Hydraulikpumpe auch das benötigte Bremsvolumen in der Bremsanlage zur Verfügung stellt, reduziert sich neben der Betätigungskraft des Bremshebels auch dessen Betätigungsweg gegenüber einer konventionellen Bremsanlage. Dosierzylinder, welche die Volumenaufnahme des Steuerkreises und damit die Hebelcharakteristik an das Fahrzeuggewicht anpassen, sorgen für eine gute Dosierbarkeit der Bremse.
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Neu ist auch die genial einfache Integration der ABS-Funktion in die Regelventile: Statt der bisherigen Bauteile Plunger (Tauchkolben), Reibungskupplung, Rückholfeder und Elektromotor sorgt jetzt nur noch eine schlichte Spule elektromagnetisch für die Modulation des Bremsdrucks. Die Spule wirkt wie ein Elektromagnet auf den
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Steuerkolben, der dadurch gegen den vom Fahrer aufgebrachten Steuerdruck aus dem Hauptbremszylinder zurückgehalten wird –
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der Bremsdruck wird reduziert. Das ermöglicht dem Integral ABS zudem, deutlich schneller als beim ABS II, auf ein instabiles Rad mit Bremsdruckabbau und anschließend wieder mit Druckaufbau zu reagieren.
  
==== Bremskraftverstärker ====
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Restbremsfunktion bei Ausfall des Integral ABS.
Beim Bremskraftverstärker (BKV) handelt es sich um die Funktion eines [[Bremsassistent|Bremsassistenten]]. Der Bremsdruck wird über zwei elektrische Pumpen (pro Radreis eine Pumpe) aufgebaut.<ref name="zeyen"/> Der Druckaufbau soll sich gegenüber konventionellen Systemen verkürzen.<ref name="stoff"/> Durch den BKV verminderte sich das Gefühl für die Bremse,<ref name="handelsblatt">[http://www.handelsblatt.com/news/printpage.aspx?_p=205913&_t=ftprint&_b=1147927 ''Intermot 2006. BMW stellt Einzylinder-Baureihe und neues ABS vor.''] In: ''Handelsblatt.com.'' 10.10.06.</ref> die Dosierbarkeit der Bremse war bei Anpassungsbremsungen und geringen Geschwindigkeiten erschwert;<ref name="waldemar2">Waldemar Schwarz, Jörn Thomas: ''ABSolute Beginner.'' In: ''MOTORRAD.'' 26/02.</ref><ref name="zeyen">Wolfgang Zeyen: [http://www.tourenfahrer.de/rainbow/(kz4wqkjjbvdypcmhzdshdifb)/DesktopDefault.aspx?TabID=3499&issue=02+2005&ItemID=19777&alias=Rainbow ''Attacke auf BMW-Integral-ABS.''] In: ''TOURENFAHRER''. 02/05. 72-76.</ref> eine Umgewöhnung war aufgrund des BKV erforderlich.<ref name="zeyen"/><ref name="schwarz"/><ref name="soppa">Jo Soppa: [http://www.mo-web.de/mo_zeitschriften/sonderhefte_bmw.html ''Dynamische Prozesse'']. In: ''BMW Motorräder Nr. 13''. MO Sonderheft. 23.03.05.</ref>
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Aus Sicherheitsgründen sind die Regelventile so konstruiert, dass der Fahrer auch bei ausgeschalteter Zündung und damit nicht aktiviertem System oder bei einem Ausfall des Integral ABS über eine Restbremsfunktion verfügt, das heißt also noch ausreichend bremsen kann. Dafür sitzt die Kugel auf einem Restbremskolben, der im Normalfall nicht bewegt wird. Baut die Hydraulikpumpe des Bremskraftverstärkers jedoch keinen Staudruck im Radkreis auf, wirkt der Steuerdruck aus dem Hauptbremszylinder über Steuerkolben,  
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-stange und -kugel auf diesen Restbremskolben und verschiebt ihn. Dadurch wird auch im Radkreis Druck aufgebaut, die Untersetzung entspricht dabei dem Verhältnis zwischen Steuerstangen- und
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Restbremskolbenfläche.  
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Zwar muss der Fahrer im Falle der Restbremsfunktion den Bremshebel über einen größeren Weg und mit mehr Kraft betätigen als bei einer konventionellen Anlage, aber die damit erzielbaren Verzögerungswerte liegen dennoch deutlich über den gesetzlichen Anforderungen. Außerdem werden alle Motorräder mit BMW Integral ABS grundsätzlich mit der neuen EVO-Bremse am Vorderrad ausgestattet, die höhere Bremsleistungen mit geringeren Handkräften verbindet. Auch das Rangierbremsen des Motorrades bei ausgeschalteter Zündung – und damit inaktiver Bremskraftverstärkung – ist somit problemlos möglich.
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So wirkt das neue Integralsystem
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mit adaptiver Bremskraftverteilung:
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Teil- und Vollintegral – gleichmäßig und immer optimal.
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Um die Vorteile des ABS optimal nutzen zu können, musste der Fahrer bisher Hand- und Fußbremse voll betätigen, damit Vorder- und Hinterrad im Regelbereich an der Schlupfgrenze maximal verzögert wurden. Das Integral ABS verbindet jetzt die beiden Bremssysteme; es kann in Zukunft in zwei verschiedenen Ausführungen zum Einsatz kommen:
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Beim Vollintegralsystem, mit dem zuerst die K 1200 LT ausgerüstet wird, wirken sowohl der Handbremshebel als auch der Fußbrems-hebel gleichzeitig auf Vorderradbremse und Hinterradbremse.  
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Damit erreichen auch Fahrer, die – wie vom Automobil gewohnt – eher nur die Fußbremse betätigen und dabei die deutlich höhere
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und im Falle einer Vollbremsung unverzichtbare Verzögerungswirkung der Vorderradbremse ungenutzt lassen, nun trotzdem immer eine Bremswirkung an beiden Rädern.
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Beim Teilintegralsystem, das für die sportlicheren Modelle vorstellbar ist, wirkt der Handbremshebel auf Vorder- und Hinterradbremse und der Fußbremshebel wie bisher nur auf die Hinterradbremse. Diese Variante kommt sportlichen Fahrern entgegen, die durch gezieltes Abbremsen des Hinterrads vor einer Kurve das Motorrad stabilisieren wollen.
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Beim Motorrad verlagert sich die Radlast bei einer Bremsung –
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noch deutlich stärker als beim Automobil – auf das Vorderrad.  
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Das bedeutet, dass bei einer Vollbremsung auf trockener Fahrbahn 80 Prozent der Bremsleistung und mehr am Vorderrad erbracht werden.
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In beiden Ausführungen ist das Integralsystem mit einer fahrzeugspezifischen, dynamischen und adaptiven Bremskraftverteilung gekoppelt – eine Weltneuheit im Motorradbau. Diese leitet den Bremsdruck beiden Rädern entsprechend der jeweils übertragbaren Bremskräfte optimal zu. Dadurch gewinnt das Motorrad an Bremsstabilität, beide Reifen behalten möglichst viel Seitenführung und der Verschleiß von Bremsbelägen und Reifen wird gleichmäßiger.
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Beim Bremsen in Kurven verbessert die gleichmäßige Reibwertausnutzung beider Räder die Fahrstabilität.  
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Die Bremskraftverteilung ist adaptiv, also lernfähig, und passt sich dadurch jedem Beladungszustand an. So kann bei Fahrten mit Sozius und Gepäck die höhere Hinterachsbelastung für höhere Bremsmomente am Hinterrad genutzt werden.
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So funktioniert das neue Integralsystem mit adaptiver Bremskraftverteilung:
  
==== Restbremse ====
 
Bei der Restbremse handelt es sich um eine Notlauffunktion bei Ausfall der Bremse. Ein Hinweis erfolgt durch eine Warnlampe, sofern diese im Cockpit bemerkt wird.<ref name="furdenfall"/><ref name="feth"/>. Die Restbremse aktiviert sich bei jeder Art von Störungen des Systems, und aufgrund der Komplexität des Systems gibt es ein großes Defektpotential:<ref name="stoff"/><ref name="furdenfall"/>
 
  
{{Zitat|Sobald die Elektronik irgendeine, auch kleine Unregelmäßigkeit registriert, geht sie auf Nummer Sicher und schaltet zurück...|Dr. Herbert Diess, Leiter BMW Motorrad}}
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Auch die Verbindung von Vorder- und Hinterradbremse zu einem Integralsystem wird über die Regelventile geschaffen. Dazu zweigt beim teilintegralen System in der Steuerleitung der Handbremse, beim vollintegralen System in beiden Steuerleitungen ein Hydraulikkanal ab. Der Kanal mündet in einem kleinen Zylinder des jeweils anderen Regelventils. Der Integralkolben in diesem Zylinder wirkt auf den Steuerkolben und damit auch auf dieses Bremssystem. Diese Verknüpfung ist im Druckmodulator integriert und benötigt dadurch keinerlei zusätzliche Bremsleitungen.
  
Ursachen können z.B. externe Störungen sein, an der Sensorik, den Bremslichtschaltern (z.B. auch verschobener Handschutz), Kabelbrüche, lose Steckverbindungen etc. und Fehler an der Elektronik (defekte Steuergeräte) oder den elektrischen Pumpen.<ref name="stoff"/><ref name="biebricher"/> BKV, ABS und Verbundbremsen-Funktion stehen dann mehr zur Verfügung. Der Bremshebel muss dann mit deutlich mehr Kraft und über einen längeren Weg betätigt werden.<ref name="ATZ"/> Modellspezifisch liegt die maximale Bremsleistung bei günstiger Einstellung des Bremshebels zwischen 5 und 7 m/s².<ref name="demonstration"/> Bei anderen Bremshebeleinstellungen, z.B. aus ergonomischen Gründen, wird die gesetzlich geforderte Mindestleistung von 2,5 m/s² erreicht. Die aufzubringende Handkraft hierzu verdoppelt sich auf 200 Newton.<ref name="marion">Marion Englert: ''Kommt Zeit. Kommt Rat.'' In: ''Bikers-Journal''. [http://www.moto-media-works.de/BJ6-05BMWABSk.pdf (PDF, 264 KB)].</ref> Fast 10 m/s² sind bei funktionierendem Integral-ABS und sehr geringen Bedienkräften möglich.<ref name="kaschi">Stefan Kaschel: ''ABS - Der Stand der Dinge''. In: ''MOTORRAD'' 19/06.</ref>
 
  
Die Effekte der Restbremse setzen unmittelbar ein, da kein Hochdruck vorrätig gehalten wird („Druckreservoir“). Die psychologische Auswirkung des Überraschungseffektes auf den Fahrer bedingt das Empfinden, keine Bremse mehr zur Verfügung zu haben,<ref name="biebricher"/> zumal das Ansprechverhalten sich signifikant ändert.<ref name="wust"/> Denn die Abweichung von Ansprechverhalten, sowie gewohnter Handkraft zu notwendiger Handkraft, ist so überwältigend, dass zahlreiche Fahrer den Ausfall des BKV als vollständigen Defekt der Bremsanlage wahrnehmen und die Restbremse gar nicht handhaben können.<ref name="zeyen"/><ref name="wust"/><ref name="schwarz">Maik Schwarz: [http://www.mo-web.de/mo_zeitschriften/sonderhefte_bmw.html ''Riesen Wirbel. Integral-ABS in der Kritik.'']. In: ''BMW Motorräder Nr. 13''. MO Sonderheft. 23.03.05.</ref>
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Der Weg des Integralkolbens ist auf rund zwei Millimeter begrenzt, so dass er bei einem Ausfall des Bremskraftverstärkers ohne Wirkung bleibt. Beim teilintegralen System steuert der Fußhebel nur die Hinterradbremse. Wird die Hinterradbremse sowohl vom Handbremshebel als auch über die Fußbetätigung angesteuert, so wirkt nur der größere von beiden Steuerdrücken.  
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Das Problem einer statischen Integralbremse liegt in der Physik:
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Bei zunehmender Verzögerung nimmt die übertragbare Bremskraft des Hinterrades ab, bis es im Extremfall den Bodenkontakt verliert. Lösen lässt sich dieses Problem nur durch eine Bremskraftverteilung, am besten adaptiv, also den jeweiligen Bedingungen optimal angepasst. Diese Funktion übernimmt die elektronische Regelung des neuen BMW Integral ABS mit Hilfe von Drucksensoren über die elektromagnetische Spule im Regelventil des Hinterrads. Über die Spule wird – wie bei einer ABS-Regelung – der Bremsdruck gemäß der idealen Bremskraftverteilung reduziert. Diese ideale Bremskraftverteilung folgt bei zunehmender Verzögerung der Form einer Parabel und ist in der Elektronik fahrzeugspezifisch
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gespeichert.  
  
==== Wartung ====
 
Die ordnungsgemäße Wartung der Bremsanlage wie Bremsflüssigkeitswechsel Steuerkreis / Radkreis bzw. Entlüftung kann nur in Werkstätten durchgeführt werden, die über die speziellen Diagnose- und Wartungsgeräte des Herstellers ''[[BMW]] Motorrad'' verfügen. Herstellerseitig besteht die Besorgnis über nicht ordnungsgemäße Wartung aus dem Grund,<ref name="stoff"/> weil ein nicht ordnungsgemäß entlüftetes Integral-ABS zwar aufgrund von Kompensationseffekten der Pumpe einwandfrei funktioniert, aber bei Störungen des Systems zum Ausfall der Restbremskraft führen kann.<ref name="ATZ">Markus Braunsperger u.a.: [http://www.all4engineers.com/index.php;do=show/sid=723924b842fdc5bc517652509ec693cd/site=a4e/lng=de/id=378/alloc=3 ''Das neue Integral ABS von BMW Motorrad'']. In: ''Automobiltechnische Zeitschrift'' (ATZ). Viehweg, Wiesbaden 103.2001, 3. {{ISSN|0001-2785}}</ref> Die Wartungsvorschrift lautet, dass der Wechsel der Bremsflüssigkeit im Radkreis jedes Jahr und im Steuerkreis alle zwei Jahre vorzunehmen ist (z.B. R 1150 GS). Nur bei BMW Motorrädern, die bereits werkseitig mit stahlummantelten Bremsschläuchen ausgeliefert wurden (z.B. R 1200 GS), sind die Intervalle zum Austausch der Bremsflüssigkeit verlängert worden. Der Wechsel der Bremsflüssigkeit im vorderen und hinteren Radkreis ist nur noch alle zwei Jahre vorzunehmen, im Steuerkreis ist der Wechsel nur noch alle vier Jahre erforderlich. In den Formularen für den ''[[BMW]] Motorrad'' Bremsencheck ist am Ende aufgeführt, dass eine Systemüberprüfung mindestens einmal jährlich, im Rahmen der Inspektions- und Wartungsarbeiten, erfolgen sollte. Insgesamt sind die Wartungskosten gegenüber dem Vorgängersystem (ABS II) und dem Nachfolgesystem (Integral-ABS von Continental-Teves) aufgrund der systembedingten Komplexität erhöht.
 
  
=== Geschichte ===
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Lernfähig wird die Regelung durch die Erkennung und Berücksichtigung des Beladungszustandes. Ein Motorrad mit Sozius und Gepäck kann mehr Bremskraft über das Hinterrad übertragen als eine Solomaschine. Der Beladungszustand und damit die übertragbare Bremskraft werden von der Elektronik bei Regelbremsungen registriert und permanent angepasst. Der Effekt: Mit dem Integral ABS kann der Fahrer sein Motorrad bei allen Beladungszuständen immer optimal bremsen.  
==== Sonderzubehör ====
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Neu: EVO-Bremse mit 15 bis 20 Prozent mehr Leistung.
Das Modell [[BMW R 1200 GS]] war bei Markteinführung nicht mit einer Motorrad-Bremsanlage ohne Fahrerassistenz- und aktive Sicherheitssysteme erhältlich. Das optionale Sonderzubehör Integral-ABS (damaliger Aufpreis 1.040 Euro) musste mitbestellt und bezahlt werden. Obwohl ''[[BMW]] Motorrad'' dieses Modell in der Basis-Version anbot, und Kaufverträge entsprechend zum Abschluss gebracht wurden, wurden Bestellungen nicht ausgeführt.<ref>Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/04021004.htm ''Motorräder bauen und Motorradfahrer verstehen ist offenbar zweierlei'']. In: Motor-Kritik. 10.02.2004.</ref><ref>Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/04052701.HTM ''Arrogant - überheblich - kundenverachtend'']. In: Motor-Kritik. 27.05.2004.</ref> Nach ungefähr einem Jahr waren R 1200 GS Motorräder ohne das Sonderzubehör Integral-ABS käuflich und lieferbar. Bei der Markteinführung der [[BMW K 1200 S]] wurde dieses Sonderzubehör erstmalig serienmäßig verbaut.<ref>Frank Mertens: [http://www.netzeitung.de/autoundtechnik/motorrad/298425.html ''BMW-Motorradchef Diess: Wir wollen mit der K 1200 S den Wettbewerb gewinnen'']. In: ''NETZEITUNG''. 02.08.2004.</ref> Auf Kundennachfrage war gegen einen Abschlag von 700 Euro die Ausstattung mit einer Motorrad-Bremsanlage ohne Fahrerassistenz- und aktive Sicherheitssysteme möglich.
 
  
==== Medien-Berichterstattung ====
 
Die Anfälligkeit des Systems war ''[[BMW]] Motorrad'' spätestens seit August 2004 bekannt.<ref name="reichle">Jörg Reichle: [http://www.sueddeutsche.de/automobil/artikel/124/56068/print.html ''Gefahr - Gebremstes Vertrauen'']. In: ''SÜDDEUTSCHE ZEITUNG''. 04.07.05.</ref> Eine erste Stellungnahme durch BMW erfolgte am 10. September 2004.<ref>Thomas Schmieder: [http://www.motorradonline.de/news/bremslichtschalter_der_bmw_r_1200_gs.136462.htm ''Bremslichtschalter der BMW R 1200 GS.Problem gelöst'']. In: ''MOTORRADONLINE''. 10.09.04.</ref> Am 13. September 2004 beschwerte sich der Leiter der Qualitätssicherung bei ''[[BMW]] Motorrad'' in einer internen E-Mail über den ''„unbefriedigenden Zustand der Komplexität unseres Bremssystems“'', und weiter:<ref name="stoff"/><ref name="wust">Christian Wüst: [http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,druck-363295,00.html ''BMW-Motorräder haben Probleme im Bremssystem'']. In: DER SPIEGEL 27/2005. 02.07.05.</ref><ref name="reichle"/>
 
  
{{Zitat|Das System ist in seinen Auswirkungen und Rückfallebenen ungenügend konzipiert.|Dr. Robert Kahlenberg, Leiter der Qualitätssicherung bei BMW Motorrad}}
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Gleichzeitig mit dem neuen Integral ABS kommt auch eine neue Evolutionsstufe der Vorderradbremse, die EVO-Bremse. Diese Vorderradbremse, die zusammen mit der Firma Brembo und dem neuen Systemlieferanten Tokico weiterentwickelt wurde, reagiert bereits auf leichten Fingerdruck mit höherer Bremsleistung, so dass in Kombination mit dem Bremskraftverstärker ein äußerst wirkungs-volles Bremssystem zur Verfügung steht. Außerdem wiegt die Anlage mit 2,25 kg rund zehn Prozent weniger als die bisherige (2,5 kg), was durch die geringeren ungefederten Massen am Vorderrad auch Handlingvorteile bietet.
  
Im November 2004 wurde bekannt, dass ab März 2004 alle neuen Modelle mit ''„um bis zu einem Viertel“''<ref name="demonstration">Frank Mertens: [http://www.netzeitung.de/autoundtechnik/motorrad/350622.html ''BMW kämpft um Vertrauen der Kunden'']. In: ''NETZEITUNG''. 29.07.05.</ref> in der Leistung verbesserter Restbremskraft ausgeliefert wurden.<ref name="rufford">Nicholas Rufford: [http://driving.timesonline.co.uk/printFriendly/0,,2060-12009-1345663-12009,00.html ''CURIOUS CASE OF THE BMW SUPER-BRAKES THAT DIDN’T STOP THE BIKE'']. In: ''THE SUNDAY TIMES''. 07.11.2004.</ref> Diese Modifikation in der Serie wurde aufgrund der Auseinandersetzungen ''„beim Rückfall in die Restbremsfunktion“''<ref name="diess"/> durchgeführt. Die ''„gesteigerte Restbremswirkung“''<ref name="soppa"/> sollte praxisgerechter und sicherer sein.<ref name="mansfeld">Gertrud Mansfeld: [http://www.mo-web.de/mo_zeitschriften/sonderhefte_bmw.html ''BMW R 1200 ST'']. In: ''BMW Motorräder Nr. 13''. MO Sonderheft. 23.03.05.</ref> [[Die Welt]] berichtete im Dezember 2004 erstmals in Zahlen über ''„nicht regelgerecht funktionierende ABS-Bremsen“'' sowie ''„mehrere hundert Fälle“'' von Kundenbeschwerden.<ref name="furdenfall"/>, wurde aber aufgrund insgesamt verfehlter Darstellung kritisiert.<ref name="hahne1">Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/04122011.HTM ''DIE WELT schafft das Problem nicht tatsächlich aus der Welt'']. In: ''MOTOR-KRITIK''. 20.12.04.</ref> Mitte Januar 2005 berichtete ''TOURENFAHRER'' als erste Fachzeitschrift über das Thema,<ref name="zeyen"/> und durchbrach damit die Zurückhaltung der Fachpresse.<ref>Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/05081501.HTM ''BMW unter Artenschutz?''] In: ''Motor-Kritik'', 15.08.05</ref> Im März 2005 erschien das ''MO-Sonderheft "BMW-MOTORRÄDER" Nr. 13'' mit der bis heute umfassendsten Darstellung des Themas.<ref name="soppa"/> Anfang Juni 2005 berichtete das Verbrauchermagazin ''M€X'' des [[Hr-fernsehen|Hessischen Fernsehens]] in Zusammenarbeit mit dem [[ADAC]] über den ersten Verletzten mit einer [[BMW K 1200 S]] wegen des Ausfalls des ABS.<ref>Sven Herold: [http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=2650&key=standard_document_6634298&seite=1 ''Sicherheitsrisiko BMW - Wenn Premium-Motorräder von der Straße abkommen'']. In: ''M€X''. 09.06.05.</ref> In der Folge informierten auch das Nachrichten-Magazin [[Der Spiegel]] und die [[ARD]]-Sendungen [[Plusminus]] und [[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]] die breite Öffentlichkeit. Im März 2005 wurde noch behauptet, der Ausfall des BKV habe nicht zu Unfällen geführt:<ref name="stoff"/>
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Die EVO-Bremse verfügt über zwei größere Bremsscheiben mit je 320 mm (bisher 305 mm) Durchmesser. Von den je vier Kolben der neuen Festsattelbremse haben zwei wie bisher einen Durchmesser von 32 mm; die beiden anderen wurden um zwei auf 36 mm vergrößert. Sie wirken auf Sintermetall-Beläge mit hervorragender Bremsleistung, die eine um 50 Prozent gesteigerte Lebensdauer haben und jetzt auch ohne Demontage der Bremszange gewechselt werden können. Durch die Kombination mit einem neuen Hauptbremszylinder (Durchmesser 16 mm) mit einem von 143,6 : 1 auf 165 : 1 geänderten Übersetzungsverhältnis sank die Handkraft bei gleicher Bremsleistung um etwa 15 Prozent, die erzielbare Bremsleistung andererseits stieg je nach Fahrzeugmodell um 15 bis 20 Prozent. Die Stabilität des Druckpunkts erhöhte sich um 50 Prozent.
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Im Zusammenwirken mit dem Bremskraftverstärker des Integral ABS verringert sich also die Betätigungskraft des Handbremshebels um etwa 50 Prozent.
  
{{Zitat|Uns ist bis heute kein ... Unfall [bekannt], für den als unmittelbare Ursache der Ausfall der Bremskraftverstärkung verantwortlich wäre.|Dipl.-Ing. Jürgen Stoffregen, Leiter BMW Motorrad Produktkommunikation}}
 
  
Zwischenzeitlich war BMW ''„tausend weiteren Beschwerden“''<ref>Thomas Delekat: [http://www.welt.de/data/2005/07/09/742952.html?prx=1 ''BMW, die Hydraulik und die Lawine'']. In: ''DIE WELT'', 09.07.05.</ref> nachgegangen, und bestätigte Unfälle, nämlich dass es wegen des Ausfalls des Bremskraftverstärkers ''„keine ernsten Unfälle“''<ref name="diess"/> oder ''„Unfälle schwerer Art“''<ref name="FR">Thomas Magenheim: ''Staatsanwalt ermittelt gegen BMW. ... Konzern plant keine Rückrufaktion''. In: ''FRANKFURTER RUNDSCHAU''. 06.07.05.</ref> gegeben habe. BMW klärte im September 2005 mit einem Zusatz zur Bedienungsanleitung ''„über den korrekten Umgang mit dem Integral-ABS“''<ref name="drossel">Till Kohlmey: [http://www.tourenfahrer.de/rainbow/(bxxf3s45fx0tl255rc0aan45)/DesktopDefault.aspx?TabID=3499&issue=06+2006&ItemID=34652&alias=Rainbow ''BMW-ABS-RÜCKRUFAKTION. Gut gedrosselt.''] In: ''TOURENFAHRER''. 06/06. 16-18.</ref> und ''„über die Risiken bzw. Grenzen des Systems“''<ref name="drossel"/> auf.<ref name="wilhelm">Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/05091203.HTM ''Mit erweiterter Bedienungsanleitung aus der Verantwortung?'']: In: ''MOTOR-KRITIK''. 12.09.05.</ref>
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'''BMW Integral ABS erfüllt hohe Sicherheitsansprüche.'''
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Das Integral ABS erfüllt die hohen Sicherheitsansprüche von BMW. Deshalb wird der Fahrer bei allen möglichen Fehlfunktionen gewarnt. Bereits beim Einschalten der Zündung wird eine Eigendiagnose durchgeführt. Es werden zuerst zwei Lampen angesteuert:
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Die allgemeine Warnlampe (mit Dreiecksymbol) leuchtet rund drei Sekunden und erlischt, wenn kein Fehler im System vorhanden ist. Die ABS Lampe blinkt während der Eigendiagnose etwa zwei Sekunden lang schnell, wechselt dann zu langsamerem Blinken bis bei rund 4 km/h die Funktion der Radsensoren überprüft wurde. Dann erlischt auch sie und das System steht uneingeschränkt zur Verfügung. Das Integral ABS überwacht sich auch während der Fahrt permanent selbst und zeigt eine Fehlfunktion unverzüglich an.  
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Aus Sicherheitsgründen kann die Eigendiagnose nicht ablaufen, wenn beim Einschalten der Zündung ein Bremshebel betätigt wird. In diesem Fall blinkt die ABS Lampe schnell, auch nachdem die allgemeine Warnlampe erloschen ist. Sobald der Bremshebel jedoch gelöst wird, läuft die Eigendiagnose ab und das BMW Integral ABS ist etwa zwei Sekunden später voll einsatzbereit.  
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Schnelles Blinken der ABS Lampe in Verbindung mit Dauerlicht bei der allgemeinen Warnlampe (oder ohne allgemeine Warnlampe bei nicht abgeschlossener Eigendiagnose) zeigt an, dass bei mindestens einem Rad nur die Restbremsfunktion vorhanden ist. In der Restbremsfunktion ist keine ABS Regelung mit dem jeweiligen Rad möglich. Die Integralfunktion ist nur noch auf den aktiven Bremskreis möglich. Befindet sich beispielsweise der vordere Radkreis in der Restbremsfunktion, bleibt die Integralwirkung über den Handhebel auf die Hinterradbremse inklusive der ABS-Funktion am Hinterrad erhalten. Ist dagegen der hintere Radkreis in der Restbremsfunktion, hat der Handhebel keine Integralwirkung.
  
==== TV-Dokumentation ====
 
In der TV-Dokumentation [[Long Way Round]] ist das Systemverhalten der [[Integral-ABS#Restbremse|Restbremse]] an einem Modell dokumentiert, an dem der ''„sichere Zustand“''<ref name="ullmann">Stefan Ullmann: ''Der Normalfahrer als Messgröße für die Optimierung und Absicherung aktiver fahrdynamischer Regelsysteme.'' In: ''Tagung Aktive Sicherheit durch Fahrerassistenzsysteme.'' 4. - 5. April 2006. [http://www.ftm.mw.tum.de/zubehoer/pdf/Tagung_AS_2006/14g_ullmann.pdf (PDF 556 KB)]</ref> dieser ''„Grundfunktion“''<ref name="ullmann"/> noch nicht in der Serie verbessert wurde.<ref name="rufford"/> [[Ewan McGregor]] hält dabei fest, dass die Bremsen dann gar nicht funktionieren, oder blockieren, dass also eine Handhabung für ''„Normalfahrer“''<ref name="ullmann"/> nicht möglich ist.<ref>Long Way Round (Special Edition, 3 DVDs). Ewan McGregor, Charley Boorman. ASIN: B000F5GOIW. DVD Nr. 2, Episode 5, Kapitel 2, Position 2.14 - 3.56.</ref> Der Vorfall ereignete sich im Juni 2004.
 
  
==== ADAC ====
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Langsames Blinken der ABS Lampe in Verbindung mit Dauerlicht bei der allgemeinen Warnlampe signalisiert den Ausfall der ABS Funktion an mindestens einem Rad.  
Innerhalb eines Monats nach Beginn einer [[ADAC]]-Umfrage Anfang Juli 2005 waren bereits 80 Fälle über den Ausfall der Bremskraftverstärkung unter den Bedingungen des öffentlichen Straßenverkehrs bekannt geworden.<ref name="demonstration"/> Seitdem sind über die Presse keine neuen Zahlen mehr veröffentlicht worden. Und entgegen der Zusicherung des ADAC, ''„Man werde die Ergebnisse aber zu gegebenem Zeitpunkt veröffentlichen“'',<ref name="marion"/> fand seitdem zu keiner Zeit eine Bekanntgabe statt. Der ADAC wies darauf hin, dass Besitzer im Zweifel ihr Motorrad nur verkaufen könnten, und sich ''„unter Umständen besser nach einer anderen Maschine umschauen könnten.“''<ref>dpa: [http://www.sueddeutsche.de/,aml3/automobil/artikel/589/56533/print.html ''Motorrad-ABS. Kein Recht auf Rückgabe.''] In: ''Süddeutsche Zeitung''. 11.07.05.</ref>
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Das ABS Steuergerät überwacht sowohl Rücklicht als auch Bremslicht. Fällt beispielsweise das Rücklicht aus, wird die allgemeine Warnlampe angesteuert und das Bremslicht als Rücklichtersatz gedimmt. Beim Betätigen der Bremse wird die Dimmung wieder aufgehoben. Fällt das Bremslicht aus, wird ebenfalls die allgemeine Warnlampe angesteuert. Das Rücklicht kann jedoch die Bremslichtfunktion nicht übernehmen.
  
==== Kraftfahrtbundesamt (KBA) ====
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Der Bremsflüssigkeitsstand der Bremskreise wird mit Schwimmern in den Behältern elektronisch überwacht. Das Unterschreiten einer minimalen Flüssigkeitsmenge wird durch Blinken der ABS Warnlampe angezeigt.
Das [[Kraftfahrtbundesamt]] (KBA) leite im August 2004 eine Untersuchung ein, die im April 2006 geschlossen wurde.<ref name="pander">Jürgen Pander: [http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,druck-410273,00.html ''BMW-Motorrad-ABS / Drosseln der Druckspitzen'']. In: ''SPIEGEL ONLINE''. 07.04.06.</ref> Das KBA hatte keine Möglichkeit oder Notwendigkeit gesehen, mit Maßnahmen (z.B. einen Rückruf) nach dem [[Geräte- und Produktsicherheitsgesetz]] in der Sache ''[[BMW]] Motorrad'' Integral-ABS tätig zu werden. Mitte Juli 2005 leitete auch die französische Behörde DGCCRF eine Untersuchung ein.<ref>Eric Michel: [http://www.moto-net.com/p_article_print.php?RefArticle=869 ''BMW vérifie l'ABS Intégral sur 260 000 modèles dans le monde''] In: ''Moto-Net.Com''. 10.07.2005</ref>
 
  
==== Staatsanwaltschaft ====
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Quelle: BMW
Im Frühjahr 2005 leitete die [[Staatsanwaltschaft]] München I auf die Strafanzeige eines Käufers gegen drei BMW Manager sowie zwei Manager einer Zubehör-Firma hin,<ref name="tz">Eberhard Unfried: ''Bremsprobleme bei neuem Motorrad. Staatsanwalt ermittelt gegen BMW Bosse''. In: ''tz München''. 18.06.2006. S. 6.</ref> in der kein Delikt benannt war, selbstständig [[Ermittlung (Strafverfahrensrecht)|Ermittlungen]] zunächst wegen [[Betrug]]s<ref name="tz"/> und später auch [[Gef%C3%A4hrdung_des_Stra%C3%9Fenverkehrs|Straßenverkehrsgefährdung]]<ref name="sta">Frank Mertens: [http://www.netzeitung.de/autoundtechnik/motorrad/347172.html ''Staatsanwaltschaft ermittelt gegen BMW'']. In: ''NETZEITUNG''. 05.07.05.</ref> ein: ''„Er hat geschildert, daß nach seinem Wissen das Bremssystem nicht richtig funktioniert.“''<ref>[http://www.morgenpost.de/content/2005/07/03/wirtschaft/764231.html dpa: ''Staatsanwaltschaft untersucht BMW-Motorräder.''] In: Berliner Morgenpost. 03.07.05.</ref> Der Motorradfahrer sei nach eigenen Angaben mit dem bemängelten Bremssystem verunglückt, und habe von ähnlichen Fällen bei anderen BMW-Fahrern berichtet.<ref name="sta"/> Nach Angaben von BMW habe der Kunde ''„einige Dutzend Fälle“'' zusammengetragen, bei denen es zu Ausfällen mit dem Integral-ABS kam, und diese zur Anzeige gebracht.<ref>[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0706/wirtschaft/0074/index.html Staatsanwalt ermittelt bei BMW. Probleme mit Bremssystem.] In: Berliner Zeitung. 06.07.05.</ref> Mitte Juni 2005 ließ BMW verlauten, man sähe den Ermittlungen ''„gelassen entgegen“''.<ref name="tz"/> Diese Ermittlungen – sie richteten sich auch gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden der BMW AG, [[Helmut Panke]],<ref name="tz"/><ref name="stegmaier"/> – wurden Ende Januar 2006 eingestellt. Die unmittelbar darauf eingeleiteten Ermittlungen wegen [[Körperverletzung|fahrlässiger Körperverletzung]] gegen Unbekannt Anfang Februar 2006 sind noch nicht abgeschlossen.<ref>Frank Mertens: [http://www.autogazette.de/artikel_390841_2.htm ''BMW ruft Motorräder in Werkstätten'']. In: ''AUTOGAZETTE''. 05.04.06.</ref>
 
 
 
==== Produkt-Demonstrationen ====
 
''[[BMW]] Motorrad'' verfolgte zwei Ziele bei den Produkt-Demonstrationen. Als erstes sollte dargestellt werden, dass ABS-Ausfälle nur auf Sicherheitstrainings vorkommen können. Als zweites sollte dargestellt werden, dass die Aktivierung der Restbremse keinen Einfluss auf die Bremsleistung hat:<ref name="demonstration"/>
 
 
 
{{Zitat|Unsere Grundbremse bietet dem Fahrer die gleichen Bremsleistungen wie eine andere normale Motorradbremse|Dipl.-Ing. Peter Müller, Leiter BMW Motorrad Entwicklung und Baureihen }}
 
 
 
===== Info-Veranstaltung am FTZ =====
 
In der letzten Juli-Woche 2005 fand eine 2-tägige Produktpräsentation von ''[[BMW]] Motorrad'' am Flughafen München (Fahrer-Trainings-Zentrum, FTZ) statt. Die Veranstaltung wurde von Motor-Journalisten als ''„Nachhilfestunde in BMW-Denken“'' bezeichnet.<ref>Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/05081502.htm ''Vollkommene Perfektion mit BKV?''] In: ''MOTOR-KRITIK''. 15.08.2005.</ref> Teilnehmer waren Pressevertreter, Behördenrepräsentanten, Anbieter von Fahrsicherheitstrainings sowie Fahrschulverbände. Eine grafische Information (Balkendiagramm) sollte die Leistung der Restbremskraft bei 50 km/h, statt wie bei Bremsentests üblichen 100 km/h, erläutern.<ref name="demonstration"/> Dabei wurden die Leistungswerte der [[Integral-ABS#Restbremse|Restbremse]] bei einer Handkraft von 200 Nm den Leistungswerten unbekannter Motorrad-Bremsanlagen, und ohne Nennung der Handkraft, aus einer wissenschaftlichen Studie (Kuratorium für Verkehrssicherheit, Wien)<ref name="kuratorium">Kurt Vavryn u.a.: ''Bremsverzögerungsmessung bei Motorradfahrern mit und ohne ABS.'' Wien: Kuratorium für Schutz u. Sicherheit. 2002. 52 S. [http://www.kfv.at/fileadmin/Publikationen/Studien/V%26M/BIKE2002-BERICHT-final.pdf . (PDF, 1 MB)]</ref> gegenübergestellt. Bei den der Studie entnommenen Werten handelte es sich um Durchschnittswerte von Normalfahrern<ref name="ullmann"/>, die in Experimenten ermittelt wurden.
 
 
 
Drei routinierte Profi-Fahrer (zwei vom TÜV-Süd, ein BMW Projekt-Ingenieur des Entwickler-Teams der Bremse)<ref name="demonstration"/> zeigten, dass Sie mit in der [[Integral-ABS#Restbremse|Restbremskraft]] verbesserten Modellen aus dem Baujahr 2005, unter Laborbedingungen, bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 80 km/h, und mit mehr als verdoppelter Handkraft, Verzögerungen von 9,87 m/s² erreichen konnten.<ref name="marion"/> Die Teilnehmer waren durch die grafische Information (Balkendiagramm) informiert, dass von Normalfahrern<ref name="ullmann"/> mit Motorrad-Bremsen unter Laborbedingungen bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 100 km/h, und mit normaler Handkraft, Verzögerungen von durchschnittlich 6,6 m/s² erreicht werden.<ref name="demonstration"/><ref name="kuratorium"/> Spekulationen darüber, welche Verzögerungen Normalfahrern<ref name="ullmann"/> mit ABS-Gewöhnung bei Überraschungseffekt und doppelter Handkraft mit Restbremse möglich wären, wurden in der späteren Berichterstattung angedeutet.<ref name="marion"/><ref name="demonstration"/><ref name="feth"/>
 
 
 
===== Motobike (Motorvision) =====
 
In der Sendung Motobike, Folge 132, gab es im August 2005 einen Beitrag ''ABS-Problem bei BMW.''<ref name="motorbike">[http://www.motorvision.de/motorvision/Motorvision/Sendungen/Motobike/Archiv/Motobike132.html ''ABS Problem bei BMW'']. In: ''Motobike Folge 132''. Sa 13.08.2005 09:45 Uhr. Mi 17.08.2005 21:45 Uhr.</ref> Der Entwicklungschef von ''[[BMW]] Motorrad'' erläuterte darin die Ursache der Unfälle auf Sicherheitstrainings damit, dass sich die Restbremse aktiviert habe. Der Pressesprecher von BMW-Motorrad hingegen stellte an anderer Stelle dar, bei den Unfällen auf den Sicherheitstrainings sei nur die Funktionalität ABS ausgefallen, die Restbremse habe sich nicht aktiviert, und widersprach damit dem Entwicklungschef.<ref name="drossel"/>Ebenfalls widersprach er dem Entwicklungschef, als er betonte, es gäbe keine Systemausfälle des Integral-ABS im direkten ursächlichen Zusammenhang mit zu geringer Bordspannung.<ref name="stoffi"/><ref name="drossel"/> Der Entwicklungschef stellte ferner dar, die Restbremse liefere dieselben Verzögerungswerte wie das Integral-ABS mit deaktivierter ABS-Funktion, obwohl bei der Restbremse auch noch die Bremskraftverstärkung deaktiviert wäre. Die Demonstrationen der Restbremse wurden wie bei der vorangegangenen Info-Veranstaltung durchgeführt.
 
 
 
==== Erhebliche Mängel für die Verkehrssicherheit ====
 
Im März 2005 erschien das ''MO-Sonderheft BMW-MOTORRÄDER Nr. 13''. Eine gezielte Aufklärung der Kunden durch eine Aktualisierung der Bedienungsanleitung wurde darin in einem Interview vom Pressesprecher ''[[BMW]] Motorrad'' abgelehnt:<ref name="stoff"/>
 
 
 
{{Zitat|Die Bedienungsanleitung enthält nach unserer Meinung alle notwendigen Hinweise, mehr halten wir auch aus heutiger Sicht wirklich nicht für notwendig.|Dipl.-Ing. Jürgen Stoffregen, Leiter BMW Motorrad Produktkommunikation}}
 
 
 
Am 19. Juli 2005 schloss ''[[BMW]] Motorrad'' Chef Dr. Herbert Diess eine Gefährdung des Straßenverkehrs durch das Integral-ABS aus.<ref name="diess"/> Am 10. August 2005 wurden Fahrschüler von ''[[BMW]] Motorrad'' sensibilisiert, ''„die Kontrollleuchten immer mit im Blickfeld zu behalten“''.<ref name="stoffi">Jürgen Stoffregen: ''BMW Motorrad Integral-ABS - Antworten auf Ihre Fragen''. In: ''Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände''. Fragen im Nachgang zur Infoveranstaltung. 10.08.05. [http://www.fahrlehrerverbaende.de/sixcms/media.php/2448/BMW%20Motorrad%20Integral-ABS%202005-08-10.pdf (PDF, 84,4 KB)].</ref> Für eine Anfang September 2005 eingeleitete Rückrufaktion zur Beseitigung erheblicher Mängel für die Verkehrssicherheit (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 [[Straßenverkehrsgesetz]]) übermittelte das KBA, auf Antrag von ''[[BMW]] Motorrad'',<ref name="kba_kodex">Kraftfahrtbundesamt (KBA): ''Kodex zur Ausführung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) bei Straßenfahrzeugen.'' Flensburg: Kraftfahrtbundesamt. November 2005. 34 S. [http://www.kba.de/Abt4_neu/Merkblaetter/kodex_rueckrufmassnahmen.pdf (PDF, 573 KB)]</ref> die Halterdaten aus dem Fahrzeugregister.
 
 
 
Vereinfacht wurden – als Rückrufmaßnahme – vier Seiten ''Zusatz zur Bedienungsanleitung'' mit ergänzenden Hinweisen an die Halter versendet.<ref name="wilhelm"/>. Der Rückruf betraf weltweit 260.000 Betriebsanleitungen. Mit der Maßnahme, im Rückrufschreiben zu einem (bis zum 30. April 2006 befristeten) Systemcheck einzuladen, sollte der Verunsicherung wegen Störungen am BKV entgegengewirkt werden.<ref>Frank Mertens: [http://www.netzeitung.de/autoundtechnik/motorrad/347690.html BMW überprüft kostenlos ABS-Motorräder.''] In: Netzeitung. 08.07.05.</ref><ref name="drossel"/> Das versendete Rückrufschreiben enthielt nicht den erforderlichen Inhalt gemäß Anlage 7 des ''Kodex zur Ausführung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) bei Straßenfahrzeugen''. Im Anschreiben wurde nicht auf die Folge des erheblichen Mangels hingewiesen, und dieses Element musste im Halteranschreiben genannt sein.<ref name="kba_kodex"/><ref name="wilhelm"/> Ferner ist nicht aufgeführt, dass ein erheblicher Mangel für die Verkehrssicherheit vorliegt. Stattdessen ist abgedruckt, dass der erhebliche Mangel nicht im Straßenverkehr auftreten kann. Die Übermittlung von Halterdaten nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 ist nur zulässig bei Mängeln für die Verkehrssicherheit.
 
 
 
==== Aufrüstung auf neuesten Serienstand ====
 
Darstellungen von ''[[BMW]] Motorrad'' zufolge wurde nach dem Rückruf der Bedienungsanleitungen mit der Entwicklung einer technischen Lösung begonnen, die aufgrund zeitintensiver Entwicklung und Erprobung erst im Frühjahr 2006 präsentiert werden konnte.<ref name="pander"/><ref name="drossel"/> Der Hersteller vertrat bis zu diesem Zeitpunkt öffentlich die Auffassung, technische Änderungen wären nicht notwendig:<ref name="merkur">Marion Englert: [http://www.merkur-online.de/nachrichten/wirtschaft/aktuell/art279,418751..html?fCMS=3de57f72c848d9e4ab5d0e266068201c&_FRAME=33&_FORMAT=PRINT ABS-Ärger: ''BMW bietet kostenlosen Brems-Check.''] In: ''Münchner Merkur.'' 29.07.05.</ref>
 
 
 
{{Zitat|Wir sind nach wie vor überzeugt von unserem System und sehen keinen Anlass, daran was zu ändern.|Dipl.-Ing. Horst Reichl, Leiter BMW Motorrad Fahrwerksentwicklung}}
 
 
 
Weltweit 90.000 BMW-Motorräder mit Integral-ABS des Typs K 1200 S, K 1200 R, R 1200 GS, R 1200 RT und R 1200 ST, waren ab März 2006 Gegenstand einer den Kunden angebotenen technischen Aktion, in deren Rahmen die Verschraubung der Bremsleitung an der Handarmatur getauscht wurde.<ref name="drossel"/> Seit Ende 2005 wurde diese Änderungsmaßnahme in die
 
Serie eingeführt. Dabei ging es um die konstruktive Beseitigung der Möglichkeit von Ausfällen der ABS-Funktion, die nach Angaben von BMW ausschließlich auf Fahrtrainings, aber nicht im Straßenverkehr, auftreten können.<ref name="wilhelm"/> Mit dieser, in den Medien ebenfalls als Rückruf bezeichneten, technischen Aktion, bei der nicht auf die Adressdaten des KBA-Fahrzeugregisters zurückgegriffen wurde, sondern auf die Adressdaten des Händlernetzes, sollten nach Angaben von BMW die ausgelieferten Kundenmotorräder auf den neuesten Serienstand umgerüstet werden.<ref name="drossel"/> Nach Hochrechnungen der Presse betrug der Gesamtaufwand für BMW für diese technische Aktion ''„über zehn Millionen Euro“''.<ref name="stegmaier">Gerd Stegmaier: [http://www.focus.de/auto/motorrad/bmw-motorrad-abs_nid_27272.html ''BMW-Motorrad-ABS. Jetzt mit Gürtel und Hosenträger.''] In: ''Focus Online.'' 06.04.06.</ref>
 
 
 
Ursprünglich wurde von ''[[BMW]] Motorrad'' dargestellt, dass der BKV den maximalen Bremsdruck so schnell aufbauen würde, wie es nur ''„wenige, sehr trainierte Fahrer“''<ref name="stoff"/> mit ''„der notwendigen Schnelligkeit“''<ref name="stoff"/> schaffen würden, und begründete damit die Funktion des BKV als Bremsassistenten für weniger geübte Fahrer.<ref name="stoff"/><ref name="wilhelm"/> Nach dem Umbau findet nun der Druckaufbau aufgrund einer  Drosselung verzögerter statt, besonders dann, wenn der Bremshebel sehr schnell gezogen wird. Nach Prüfungen einer Fachzeitschrift ergaben sich durch die technische Maßnahme im Mittel Bremswegverlängerungen von fast einem halben Meter bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 100 km/h an einer BMW R 1200 GS.<ref name="drossel"/> Bereits in dem Zusatz zur Betriebsanleitung war zu lesen, dass für den kürzesten Bremsweg speziell bei BMW Motorrädern mit Integral-ABS die Vorderradbremse zügig und immer stärker werdend betätigt werden muss.<ref name="wilhelm"/>  Andernfalls öffnet die Bremse, mit dem Effekt nicht reproduzierbarer, variierender Bremswegverlängerungen:<ref>Guido Kupper: ''Gut gebremst mit ABS.'' In: ''MO''. 10/2005. S.34.</ref>
 
 
 
{{Zitat|... die BMW aber manövriert sich unmittelbar in den Regelbereich und nimmt den Bremsdruck direkt wieder zurück, das Motorrad schießt mit gelöster Bremse nach vorne.|Guido Kupper, Redakteur Motorrad Magazin MO}}
 
 
 
Technisch wird das durch die spezifische Trägheit der im System zum Einsatz kommenden Technologie beim Wiederaufbau des Systemdrucks erklärt.<ref name="wilhelm"/> Im Druckmodulator laufen langsame mechanische Prozesse ab.<ref name="biebricher">Markus Biebricher: ''BMW-ABS. Kommunikations-Frage.'' In: ''TOURENFAHRER''. 9/06. 80-82.</ref> Das [[Integral-ABS#Das_zweite_Integral-ABS_.28Continental_Teves.29|neue Integral-ABS von Continental-Teves]] hat diese Form der Bremsassistenz gar nicht mehr.
 
 
 
Andere Mängel, wegen denen es im öffentlichen Straßenverkehr zu Unfällen kam,<ref name="diess"/><ref name="FR"/> und die ebenfalls in der Ergänzung zur Bedienungsanleitung enthalten waren,<ref name="wilhelm"/> wurden nicht konstruktiv beseitigt. Beispielsweise erfolgte kein Rückruf aufgrund der von ''„Normalfahrern“''<ref name="ullmann"/><ref name="merkur"/> und Profis<ref name="wust"/> gleichermaßen wahrgenommenen ''„Instabilität des Gesamtsystems Fahrer-Fahrzeug“''<ref name="ullmann"/>, die von der Aktivierung der [[Integral-ABS#Restbremse|Restbremse]] ausgeht,<ref name="drossel"/> oder aufgrund des von Motor-Journalisten als ''„kritisch“''<ref name="waldemar">Waldemar Schwarz: ''Zweiklassen-Gesellschaft.'' In: [http://www.motorradonline.de/archiv/motorraeder/abs-vergleich--bmw-f-650-gs-bmw-r-1200-gs--honda-cbf-600-honda-vfr-abs.129263.d_mrd06_te_detail_pdf_download_abo.htm ''MOTORRAD''. 10/04.]</ref> bezeichneten [[Integral-ABS#Hinterrad-Abhebeschutz|Phänomens sporadisch außergewöhnlich langen Öffnens der Bremse zwischen 60 und 70 Km/h]].<ref name="waldemar"/> Ein Vibrationsalarm <ref name="feth">Gerd Gregor Feth: [http://t4h.faz.net/s/Rub9AE899D74FA64E1C97C29D196E8EB0BB/Doc~E3535F0F4AEC848B0B0862C29B336C087~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''Die 'sicherste Bremse der Welt' soll künftig besser informieren'']. In: ''FAZ''. 29.07.05.</ref> oder eine akustische Warnung<ref name="furdenfall"/> wurden nicht realisiert.
 
 
 
=== Positionen ===
 
Von ''[[BMW]] Motorrad'' und dem [[Kraftfahrtbundesamt]] wird angeführt, dass das Integral-ABS den gesetzlichen Bestimmungen genügt. Weiter wird angeführt, dass die gesetzlich geforderte Mindestbremsleistung von 2,5 m/s² um den Faktor 2 übertroffen wird. Der Ausfall von Funktionen würde vom System in regelmäßigen Intervallen überwacht, und durch Warnlampen angezeigt werden. Es wird ferner darauf verwiesen, dass es absolut sichere Systeme nicht geben könne,<ref name="stoff"/> und dass die Anzahl der betroffenen Fahrer immer in Relation zu sehen sei.<ref name="marion"/> „Mit Rücksicht auf BMW“ wurden vom KBA keine Angaben zu Zahlen über Ausfälle veröffentlicht.<ref name="FR"/>
 
 
 
Motor-Journalisten und betroffene Kunden vertreten die Ansicht, dass sich die Entwicklung von Fahrerassistenz- und aktiven Sicherheitssystemen an Motorrad-Bremsen nicht nur an der Erfüllung von gesetzlichen Mindestvorgaben orientieren sollte.<ref name="marion"/> Sie sollte sich vielmehr an der Praxis und den Bedürfnissen der Motorradfahrer orientieren.<ref>Wilhelm Hahne: [http://www.motor-kritik.de/common/05012002.HTM ''Umsetzen der bisherigen Praxis-Erfahrungen in ein einfacher strukturiertes System ...'']. In: ''MOTOR-KRITIK''. 20.01.2005.</ref> Das Lesen einer mehrseitigen Bedienungsanleitung sei nicht praxisgerecht.<ref name="rufford"/><ref name="soppa"/> Eine Rückfallebene, die nicht die Sicherheit von Autos aufweise (kein "Druckspeicher"), wäre bereits bei der Zulassung nicht Stand der Technik gewesen. Schlagartige Bremswegverlängerungen bei 100 km/h um 38 Meter (5 m/s²) bei Aktivierung der Restbremse sind dieser Meinung nach lebensgefährlich, zumal diese nur unter idealen Bedingungen so gering ausfallen. Von dieser Meinung wird ferner auf die spezifische Defekt-Anfälligkeit des Integral-ABS aufgrund der also unnötig bezeichneten Komplexität hingewiesen.<ref name="schwarz"/> Die Fehlerroutinen des Systems verschärfen nach dieser Ansicht das Problem erheblich. Die spezifischen Bremseigenschaften des Systems bei welliger Fahrbahn oder bei Bergabfahrten mit hartem Herunterschalten werden wegen der Irritation des Fahrers und der nicht kalkulierbaren Bremswegverlängerung durch vollständiges Öffnen der Bremse als kritisch bezeichnet. Als größtes Sicherheitsrisiko wird das sich dramatisch ändernde Ansprechverhalten der Restbremse gesehen.<ref name="wust"/>
 
 
 
== Das zweite Integral-ABS (Continental Teves)==
 
Im Januar 2005 klärte die Zeitschrift ''TOURENFAHRER'' die Öffentlichkeit technisch im Detail über das neue Integral-ABS auf.<ref name="zeyen"/> Zwei Monate später informierte der Hersteller ''[[BMW]] Motorrad'' selbst darüber, dass das neue System nicht mehr über einen Bremskraftverstärker (BKV), und damit auch nicht mehr über die Funktion eines Bremsassistenten verfügen würde.<ref name="stoff"/> Die Entwicklung des neuen, weniger komplexen Systems habe Anfang 2003 begonnen, gemeinsam mit dem Zulieferer [[Continental_AG#Fahrzeugsysteme|Continental Teves]].<ref>Frank Mertens: [http://www.autogazette.de/artikel_427619_9.htm ''Besserer Regelungskomfort beim BMW-ABS'']. In: ''AUTOGAZETTE''. 27.07.06.</ref> Mit dieser Entwicklung sollten herstellerseitig eingeräumte Schwächen beim Vorgängersystem behoben werden.<ref>Thomas Delekat: [http://www.wams.de/data/2005/07/17/746168.html?prx=1 ''BMW räumt Probleme bei Motorrad-Bremse ein''. In: ''WELT AM SONNTAG'']. 17.07.05.</ref><ref name="stoff"/> Dieses neue System kommt seit August 2006 in allen K- und R-Modellen (Ausnahme: R 1200 S und K 1200 LT) zum Einsatz. Der Bremsdruck für die Vorderradbremse wird rein hydraulisch und allein über die Betätigungskräfte am Handhebel aufgebracht, der Bremsdruck für die Hinterradbremse wird über eine elektrische Hydraulikpumpe geregelt. Ab 2007 soll eine [[Antriebsschlupfregelung]] (''[[BMW]] Motorrad'' nennt sie ''Automatic Stability Control / ASC'') als Option verfügbar sein, ein Fahrdynamik-Regelungssystem, das ein Durchdrehen des Hinterrades verhindern soll.<ref>Thomas Harloff: [http://www.motorvision.de/motorvision/Motorvision/Cars-und-Bikes/Motobike/News/Archiv/BMW_IntegralABS_ASC0.html ''Was können Integral-ABS und ASC?'']. In: ''MOTORVISION''.</ref>
 
 
 
=== Technik ===
 
Das System wird durch Ventile gesteuert. Es wiegt nach Angaben des Herstellers 2,3 Kg.
 
 
 
==== Hinterrad-Abhebeschutz ====
 
Die Assistenzfunktion Hinterrad-Abhebeschutz weist weiterhin die Besonderheit sporadischen, überraschenden Öffnens der Vorderradbremse auf.<ref>Thomas Delekat: [http://www.welt.de/data/2006/07/15/958840.html?prx=1 ''Wie wildgeworden. Der neue Roadster von BMW ... - und hat ein nagelneues ABS-System'']. In: ''DIE WELT''. 15.07.06.</ref>
 
 
 
==== Störungen ====
 
Beim Betätigen des Handbremshebels wirkt die elektrische Hydraulikpumpe auf die Hinterradbremse. Die Vorderradbremse wird hingegen per Handkraft betätigt, die Hinterradbremse beim Betätigen des Fussbremshebels per Fusskraft. Bei eventuellen Systemstörungen fallen bei diesem System, jedenfalls nach Herstellerangaben, die Teilintegralfunktion und/oder die Antiblockierfunktion aus. Dann soll eine Motorrad-Bremsanlage ohne Fahrerassistenz- und aktive Sicherheitssysteme zur Verfügung stehen, die sich, jedenfalls nach Aussagen des Herstellers in Medieninformationen, weder in Wirkung, noch Dosierbarkeit unterscheiden soll.<ref>''BMW Motorrad-Neuheiten zur INTERMOT 2006.'' In: ''BMW Medieninformation''. 10/2006. 1-46.</ref> Damit könnten die wesentlichen Kritikpunkte, die beim Vorgängersystem vom Hersteller im März 2005 eingeräumt wurden,<ref name="stoff"/> beseitigt sein.
 
  
 
== Siehe auch ==
 
== Siehe auch ==
*[[Antiblockiersystem#Motorr.C3.A4der|Motorrad-ABS]]
 
 
== Fernsehdokumentation ==
 
* [http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=2650&key=standard_document_6634298&seite=1 ''Sicherheitsrisiko BMW - Wenn Premium-Motorräder von der Straße abkommen'']. In: ''M€X''. 09.06.2005.
 
* [http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,~cm.asp ''Abgefahren - Sind BMW-Motorräder lebensgefährlich?'']. In: ''Plusminus''. 05.07.2005.
 
* [http://www.tagesschau.de/sendungen/0,1196,OID4512510_OIT4512532,00.html ''Überprüfung von Motorrad-Bremssystem'']. In: ''Tagesschau''. 09.07.2005 (18:00, 20:00)
 
  
== Weblinks ==
+
[[ABS|Altes ABS ohne Integral]]
*Continental Teves Presseinformation 10.10.2006: [http://www.conti-online.com/generator/www/de/de/cas/cas/themen/presse_service/hidden/aktuelle_pressemitteilungen/pr_2006_10_10_intermot/pr_intermot_abs/pr_intermot_abs_de.html ''Integral-ABS von Continental Automotive Systems ist in acht Motorrädern erfolgreich gestartet.'']
 
  
== Quellenangaben ==
+
[[Steuerkolben blockiert]]
<references/>
 

Aktuelle Version vom 6. April 2011, 23:01 Uhr


So wirkt das Integral ABS mit Bremskraftverstärker:

Grundsätzlich besteht in der Wirkungsweise des Integral ABS zum ABS II kein wesentlicher Unterschied: Bremst der Fahrer voll – ob mit Vorder- oder Hinterradbremse, am besten aber mit beiden – wird jedes Rad optimal entsprechend seiner Bodenhaftung verzögert. Für die Regelung selbst verändert das System den Bremsdruck.

Durch leichtere mechanische Bauteile und entsprechend weniger benötigter Aktivierungsenergie sowie geringerer Stromaufnahme kann das Integral-ABS bei Blockiergefahr den Bremsdruck noch schneller abbauen. Zum Vergleich: Das ABS II erreicht den Druckabbau in 90 Millisekunden. Das neue ABS verbessert diesen bereits sehr guten Wert auf jetzt 80 Millisekunden. Noch schneller sogar – in bis zu 50 Millisekunden – regelt das System dann, wenn etwa bei Reibwertsprüngen des Fahrbahnbelags die Stabilität des Motorrads gefährdet sein könnte.

Die Regelung erfolgt, abhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, mit Frequenzen zwischen 0,6 Hz (homogener trockener Asphalt) und 5 Hz (unebene Fahrbahn, wie etwa Kopfsteinpflaster). Für den Normalfall ist diese hohe Frequenz, die mit Komfortnachteilen verbunden ist, jedoch weder notwendig noch sinnvoll und wird daher nur dann vom System gewählt, wenn dies erforderlich ist.

Das BMW Integral ABS verfügt für jedes Rad über einen Bremskraftverstärker. Er sorgt dafür, dass mit geringeren Betätigungskräften an Hand- oder Fußbremshebel schneller maximaler Bremsdruck aufgebaut wird als bei einer konventionellen Bremsanlage, damit der Bremsweg verkürzt und so eventuell eine Kollision vermieden werden kann. Bereits ein um 0,1 Sekunden schnellerer Druckaufbau verkürzt den Bremsweg aus 100 km/h um knapp drei Meter.

Überwachung von Rück- und Bremslicht Zusätzlich weist das BMW Integral ABS weitere neue Sicherheitsfunktionen auf. So werden das Rück- und das Bremslicht ständig überwacht und ein Defekt durch eine Kontrollleuchte angezeigt. Beim Defekt des Rücklichts wird dessen Funktion durch das abgedimmte Bremslicht übernommen. Über eine Cockpitleuchte wird der Fahrer darüber hinaus gewarnt, wenn die Bremsflüssigkeit in einem der beiden Bremskreise unter ein kritisches Maß absinkt.

Integral ABS über 20 Prozent leichter als ABS II. Obwohl das Integral ABS weit mehr kann, ist es mit 4,36 kg um über 20 Prozent leichter als das ABS II mit 5,96 kg (Druckmodulator 5,24 kg, Sensorringe und Sensoren 720 g). So wiegt der Druckmodulator 4,1 kg, Sensorringe und Sensoren bringen nur noch 260 g auf die Waage.

So funktioniert das neue ABS mit Bremskraftverstärker: In seinem technischen Aufbau ist das neue Integral ABS von BMW eine weitgehende Neukonstruktion mit einer weltweit einmaligen Systemintegration. So sind die gesamte Steuerelektronik und Elektrohydraulik in einem einzigen Gehäuse, dem sogenannten Druckmodulator, untergebracht. Bis auf Sensorringe und Sensoren an den Rädern umfasst das Integral ABS ansonsten die gleichen Elemente wie eine konventionelle Bremsanlage ohne ABS. Kernelemente des neuen Integral ABS sind die beiden Regelventile, je eines für Vorder- und Hinterradbremssystem. Dieses Regelventil trennt den gesamten Bremskreis in einen Steuerkreis zwischen Hauptbremszylinder und Regelventil sowie einen Radkreis zwischen Regelventil und Bremssattel und funktioniert so: Bei Betätigung des Hauptbremszylinders am Hand- oder Fußbremshebel wird der Steuerkolben mit hydraulischem Druck beaufschlagt, den er über eine Steuerstange an eine Kugel im Radkreis weitergibt. Gleichzeitig startet die von einem Elektromotor angetriebene Hydraulikpumpe des Bremskraftverstärkers. Der sich dadurch im Radkreis bildende Staudruck wirkt über die Sitzfläche der Kugel auf die Steuerstange zurück; es herrscht ein Kräftegleichgewicht. Das Flächenverhältnis zwischen der Steuerstangen- und der Kugelsitzfläche bestimmt dabei den Verstärkungsfaktor der Bremsfunktion. Da die Hydraulikpumpe auch das benötigte Bremsvolumen in der Bremsanlage zur Verfügung stellt, reduziert sich neben der Betätigungskraft des Bremshebels auch dessen Betätigungsweg gegenüber einer konventionellen Bremsanlage. Dosierzylinder, welche die Volumenaufnahme des Steuerkreises und damit die Hebelcharakteristik an das Fahrzeuggewicht anpassen, sorgen für eine gute Dosierbarkeit der Bremse. Neu ist auch die genial einfache Integration der ABS-Funktion in die Regelventile: Statt der bisherigen Bauteile Plunger (Tauchkolben), Reibungskupplung, Rückholfeder und Elektromotor sorgt jetzt nur noch eine schlichte Spule elektromagnetisch für die Modulation des Bremsdrucks. Die Spule wirkt wie ein Elektromagnet auf den Steuerkolben, der dadurch gegen den vom Fahrer aufgebrachten Steuerdruck aus dem Hauptbremszylinder zurückgehalten wird – der Bremsdruck wird reduziert. Das ermöglicht dem Integral ABS zudem, deutlich schneller als beim ABS II, auf ein instabiles Rad mit Bremsdruckabbau und anschließend wieder mit Druckaufbau zu reagieren.

Restbremsfunktion bei Ausfall des Integral ABS. Aus Sicherheitsgründen sind die Regelventile so konstruiert, dass der Fahrer auch bei ausgeschalteter Zündung und damit nicht aktiviertem System oder bei einem Ausfall des Integral ABS über eine Restbremsfunktion verfügt, das heißt also noch ausreichend bremsen kann. Dafür sitzt die Kugel auf einem Restbremskolben, der im Normalfall nicht bewegt wird. Baut die Hydraulikpumpe des Bremskraftverstärkers jedoch keinen Staudruck im Radkreis auf, wirkt der Steuerdruck aus dem Hauptbremszylinder über Steuerkolben, -stange und -kugel auf diesen Restbremskolben und verschiebt ihn. Dadurch wird auch im Radkreis Druck aufgebaut, die Untersetzung entspricht dabei dem Verhältnis zwischen Steuerstangen- und Restbremskolbenfläche. Zwar muss der Fahrer im Falle der Restbremsfunktion den Bremshebel über einen größeren Weg und mit mehr Kraft betätigen als bei einer konventionellen Anlage, aber die damit erzielbaren Verzögerungswerte liegen dennoch deutlich über den gesetzlichen Anforderungen. Außerdem werden alle Motorräder mit BMW Integral ABS grundsätzlich mit der neuen EVO-Bremse am Vorderrad ausgestattet, die höhere Bremsleistungen mit geringeren Handkräften verbindet. Auch das Rangierbremsen des Motorrades bei ausgeschalteter Zündung – und damit inaktiver Bremskraftverstärkung – ist somit problemlos möglich. So wirkt das neue Integralsystem mit adaptiver Bremskraftverteilung: Teil- und Vollintegral – gleichmäßig und immer optimal. Um die Vorteile des ABS optimal nutzen zu können, musste der Fahrer bisher Hand- und Fußbremse voll betätigen, damit Vorder- und Hinterrad im Regelbereich an der Schlupfgrenze maximal verzögert wurden. Das Integral ABS verbindet jetzt die beiden Bremssysteme; es kann in Zukunft in zwei verschiedenen Ausführungen zum Einsatz kommen: Beim Vollintegralsystem, mit dem zuerst die K 1200 LT ausgerüstet wird, wirken sowohl der Handbremshebel als auch der Fußbrems-hebel gleichzeitig auf Vorderradbremse und Hinterradbremse. Damit erreichen auch Fahrer, die – wie vom Automobil gewohnt – eher nur die Fußbremse betätigen und dabei die deutlich höhere und im Falle einer Vollbremsung unverzichtbare Verzögerungswirkung der Vorderradbremse ungenutzt lassen, nun trotzdem immer eine Bremswirkung an beiden Rädern. Beim Teilintegralsystem, das für die sportlicheren Modelle vorstellbar ist, wirkt der Handbremshebel auf Vorder- und Hinterradbremse und der Fußbremshebel wie bisher nur auf die Hinterradbremse. Diese Variante kommt sportlichen Fahrern entgegen, die durch gezieltes Abbremsen des Hinterrads vor einer Kurve das Motorrad stabilisieren wollen. Beim Motorrad verlagert sich die Radlast bei einer Bremsung – noch deutlich stärker als beim Automobil – auf das Vorderrad. Das bedeutet, dass bei einer Vollbremsung auf trockener Fahrbahn 80 Prozent der Bremsleistung und mehr am Vorderrad erbracht werden. In beiden Ausführungen ist das Integralsystem mit einer fahrzeugspezifischen, dynamischen und adaptiven Bremskraftverteilung gekoppelt – eine Weltneuheit im Motorradbau. Diese leitet den Bremsdruck beiden Rädern entsprechend der jeweils übertragbaren Bremskräfte optimal zu. Dadurch gewinnt das Motorrad an Bremsstabilität, beide Reifen behalten möglichst viel Seitenführung und der Verschleiß von Bremsbelägen und Reifen wird gleichmäßiger. Beim Bremsen in Kurven verbessert die gleichmäßige Reibwertausnutzung beider Räder die Fahrstabilität. Die Bremskraftverteilung ist adaptiv, also lernfähig, und passt sich dadurch jedem Beladungszustand an. So kann bei Fahrten mit Sozius und Gepäck die höhere Hinterachsbelastung für höhere Bremsmomente am Hinterrad genutzt werden. So funktioniert das neue Integralsystem mit adaptiver Bremskraftverteilung:


Auch die Verbindung von Vorder- und Hinterradbremse zu einem Integralsystem wird über die Regelventile geschaffen. Dazu zweigt beim teilintegralen System in der Steuerleitung der Handbremse, beim vollintegralen System in beiden Steuerleitungen ein Hydraulikkanal ab. Der Kanal mündet in einem kleinen Zylinder des jeweils anderen Regelventils. Der Integralkolben in diesem Zylinder wirkt auf den Steuerkolben und damit auch auf dieses Bremssystem. Diese Verknüpfung ist im Druckmodulator integriert und benötigt dadurch keinerlei zusätzliche Bremsleitungen.


Der Weg des Integralkolbens ist auf rund zwei Millimeter begrenzt, so dass er bei einem Ausfall des Bremskraftverstärkers ohne Wirkung bleibt. Beim teilintegralen System steuert der Fußhebel nur die Hinterradbremse. Wird die Hinterradbremse sowohl vom Handbremshebel als auch über die Fußbetätigung angesteuert, so wirkt nur der größere von beiden Steuerdrücken. Das Problem einer statischen Integralbremse liegt in der Physik: Bei zunehmender Verzögerung nimmt die übertragbare Bremskraft des Hinterrades ab, bis es im Extremfall den Bodenkontakt verliert. Lösen lässt sich dieses Problem nur durch eine Bremskraftverteilung, am besten adaptiv, also den jeweiligen Bedingungen optimal angepasst. Diese Funktion übernimmt die elektronische Regelung des neuen BMW Integral ABS mit Hilfe von Drucksensoren über die elektromagnetische Spule im Regelventil des Hinterrads. Über die Spule wird – wie bei einer ABS-Regelung – der Bremsdruck gemäß der idealen Bremskraftverteilung reduziert. Diese ideale Bremskraftverteilung folgt bei zunehmender Verzögerung der Form einer Parabel und ist in der Elektronik fahrzeugspezifisch gespeichert.


Lernfähig wird die Regelung durch die Erkennung und Berücksichtigung des Beladungszustandes. Ein Motorrad mit Sozius und Gepäck kann mehr Bremskraft über das Hinterrad übertragen als eine Solomaschine. Der Beladungszustand und damit die übertragbare Bremskraft werden von der Elektronik bei Regelbremsungen registriert und permanent angepasst. Der Effekt: Mit dem Integral ABS kann der Fahrer sein Motorrad bei allen Beladungszuständen immer optimal bremsen. Neu: EVO-Bremse mit 15 bis 20 Prozent mehr Leistung.


Gleichzeitig mit dem neuen Integral ABS kommt auch eine neue Evolutionsstufe der Vorderradbremse, die EVO-Bremse. Diese Vorderradbremse, die zusammen mit der Firma Brembo und dem neuen Systemlieferanten Tokico weiterentwickelt wurde, reagiert bereits auf leichten Fingerdruck mit höherer Bremsleistung, so dass in Kombination mit dem Bremskraftverstärker ein äußerst wirkungs-volles Bremssystem zur Verfügung steht. Außerdem wiegt die Anlage mit 2,25 kg rund zehn Prozent weniger als die bisherige (2,5 kg), was durch die geringeren ungefederten Massen am Vorderrad auch Handlingvorteile bietet.

Die EVO-Bremse verfügt über zwei größere Bremsscheiben mit je 320 mm (bisher 305 mm) Durchmesser. Von den je vier Kolben der neuen Festsattelbremse haben zwei wie bisher einen Durchmesser von 32 mm; die beiden anderen wurden um zwei auf 36 mm vergrößert. Sie wirken auf Sintermetall-Beläge mit hervorragender Bremsleistung, die eine um 50 Prozent gesteigerte Lebensdauer haben und jetzt auch ohne Demontage der Bremszange gewechselt werden können. Durch die Kombination mit einem neuen Hauptbremszylinder (Durchmesser 16 mm) mit einem von 143,6 : 1 auf 165 : 1 geänderten Übersetzungsverhältnis sank die Handkraft bei gleicher Bremsleistung um etwa 15 Prozent, die erzielbare Bremsleistung andererseits stieg je nach Fahrzeugmodell um 15 bis 20 Prozent. Die Stabilität des Druckpunkts erhöhte sich um 50 Prozent. Im Zusammenwirken mit dem Bremskraftverstärker des Integral ABS verringert sich also die Betätigungskraft des Handbremshebels um etwa 50 Prozent.


BMW Integral ABS erfüllt hohe Sicherheitsansprüche. Das Integral ABS erfüllt die hohen Sicherheitsansprüche von BMW. Deshalb wird der Fahrer bei allen möglichen Fehlfunktionen gewarnt. Bereits beim Einschalten der Zündung wird eine Eigendiagnose durchgeführt. Es werden zuerst zwei Lampen angesteuert: Die allgemeine Warnlampe (mit Dreiecksymbol) leuchtet rund drei Sekunden und erlischt, wenn kein Fehler im System vorhanden ist. Die ABS Lampe blinkt während der Eigendiagnose etwa zwei Sekunden lang schnell, wechselt dann zu langsamerem Blinken bis bei rund 4 km/h die Funktion der Radsensoren überprüft wurde. Dann erlischt auch sie und das System steht uneingeschränkt zur Verfügung. Das Integral ABS überwacht sich auch während der Fahrt permanent selbst und zeigt eine Fehlfunktion unverzüglich an. Aus Sicherheitsgründen kann die Eigendiagnose nicht ablaufen, wenn beim Einschalten der Zündung ein Bremshebel betätigt wird. In diesem Fall blinkt die ABS Lampe schnell, auch nachdem die allgemeine Warnlampe erloschen ist. Sobald der Bremshebel jedoch gelöst wird, läuft die Eigendiagnose ab und das BMW Integral ABS ist etwa zwei Sekunden später voll einsatzbereit. Schnelles Blinken der ABS Lampe in Verbindung mit Dauerlicht bei der allgemeinen Warnlampe (oder ohne allgemeine Warnlampe bei nicht abgeschlossener Eigendiagnose) zeigt an, dass bei mindestens einem Rad nur die Restbremsfunktion vorhanden ist. In der Restbremsfunktion ist keine ABS Regelung mit dem jeweiligen Rad möglich. Die Integralfunktion ist nur noch auf den aktiven Bremskreis möglich. Befindet sich beispielsweise der vordere Radkreis in der Restbremsfunktion, bleibt die Integralwirkung über den Handhebel auf die Hinterradbremse inklusive der ABS-Funktion am Hinterrad erhalten. Ist dagegen der hintere Radkreis in der Restbremsfunktion, hat der Handhebel keine Integralwirkung.


Langsames Blinken der ABS Lampe in Verbindung mit Dauerlicht bei der allgemeinen Warnlampe signalisiert den Ausfall der ABS Funktion an mindestens einem Rad. Das ABS Steuergerät überwacht sowohl Rücklicht als auch Bremslicht. Fällt beispielsweise das Rücklicht aus, wird die allgemeine Warnlampe angesteuert und das Bremslicht als Rücklichtersatz gedimmt. Beim Betätigen der Bremse wird die Dimmung wieder aufgehoben. Fällt das Bremslicht aus, wird ebenfalls die allgemeine Warnlampe angesteuert. Das Rücklicht kann jedoch die Bremslichtfunktion nicht übernehmen.

Der Bremsflüssigkeitsstand der Bremskreise wird mit Schwimmern in den Behältern elektronisch überwacht. Das Unterschreiten einer minimalen Flüssigkeitsmenge wird durch Blinken der ABS Warnlampe angezeigt.

Quelle: BMW

Siehe auch

Altes ABS ohne Integral

Steuerkolben blockiert